Conte präsentiert neues italienisches Kabinett
Es war am Ende eine recht kurze Regierungskrise. Weniger als vier Wochen nach dem Bruch der früheren Koalition steht das Kabinett, das Italien bis zu den nächsten Wahlen führen soll. Bei den Nominierungen gab es auch eine Überraschung.
Das Wichtigste in Kürze
- Italien hat eine neue Regierungsmannschaft.
Der designierte Ministerpräsident Giuseppe Conte stellte am Mittwoch nach einem Treffen mit Staatspräsident Sergio Mattarella die Kabinettsliste vor.
Neuer Aussenminister wird überraschend der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung Luigi di Maio. Als neue Innenministerin soll die keiner Partei zugeordnete Spitzenbeamtin Luciana Lamorgese den Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, ablösen. Das Kabinett soll am Donnerstag um 10 Uhr vereidigt werden. Es muss sich dann noch einer Vertrauensabstimmung in beiden Kammern des Parlaments stellen.
Nach dem Bruch der Koalition mit der Lega am 8. August hatten sich die Fünf Sterne mit den Sozialdemokraten (PD) auf ein Bündnis geeinigt. Die PD regierte Italien von 2013 bis 2018. Im neuen Kabinett erhielten die Sterne 10 von 21 Ministerien, 9 gingen an die PD, eines an die PD-Abspaltung LEU. Sieben Ministerposten werden von Frauen geführt, unter ihnen die 65 Jahre alte Innenministerin Lamorgese.
Am Dienstag hatten die Fünf Sterne ein entscheidendes Hindernis auf dem Weg zur neuen Regierung aus dem Weg geräumt: Bei einer Onlineabstimmung der stark basisdemokratisch orientierten Partei sprachen sich rund 79 Prozent der teilnehmenden Mitglieder für das Bündnis mit dem vormaligen politischen Gegner aus, mit dem sich die Sterne früher oft heftige Auseinandersetzungen geliefert hatten.
Conte war seit Juni 2018 Ministerpräsident an der Spitze einer Koalition von Sternen und Lega, die im August zerbrach. Am 20. August trat Conte zurück, blieb aber geschäftsführend im Amt. Die Sterne insistierten gegenüber der PD, dass Conte Premier bleiben müsse. Sterne-Chef die Maio war in der ersten Conte-Regierung neben Salvini einer von zwei Vize-Premiers. Dieses Amt wurde abgeschafft. Die neue Regierung ist die 66. in Italien seit Ausrufung der Republik 1946.
In der EU hofft man, dass Italien mit dem neuen Bündnis wieder näher an Brüssel heranrückt. Salvini war auf extremen Konfrontationskurs gegangen. Di Maio hatte sich zuletzt gemässigter gezeigt. Die PD ist proeuropäisch. In dem am Dienstag bekannt gewordenen Regierungsprogramm verlangten die neuen Partner aber auch Entgegenkommen der neuen EU-Kommission in Haushaltsfragen. Italien ist hoch verschuldet.
«Wir haben Salvini gestoppt», sagte PD-Chef Nicola Zingaretti nach Bekanntgabe der Liste. Italien werde jetzt wieder zu einem Protagonisten in Europa. Der «unglaubliche Rückgang des Spreads» (des Zinsaufschlags auf italienische Anleihen) mache sich bereits in den Tasche der Italiener bemerkbar.
Die vorherige Regierung war im August am Streit über eine Hochgeschwindigkeitstrasse zerbrochen. Salvini drängte auf Neuwahlen, da die Lega derzeit in Umfragen stärkste Kraft ist. Die Parlamentswahl 2018 hatten aber die Sterne mit grossem Abstand gewonnen, gemeinsam mit der PD haben sie eine Mehrheit. Die nächste Parlamentswahl steht in Italien regulär 2023 an.