Neue Strategie-Pläne sorgen für neuen Ärger mit Peking

Mit der Ampel-Koalition und spätestens seit dem Ukraine-Krieg sucht Deutschland nach einer neuen China-Strategie: weniger Abhängigkeit, mehr Menschenrechte. Was Peking davon hält, macht es sofort deutlich.

Chinesische Investitionen - wie hier beim Container-Terminal Tollerort in Hamburg - werden zunehmend kritisch gesehen. - Jonas Walzberg/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Pläne für eine neue deutsche China-Strategie haben heftige Verstimmung in Peking ausgelöst.

Nach einem Entwurf soll die Abhängigkeit von China verringert, die Menschenrechte eine grössere Rolle spielen und die Beziehungen zu Taiwan ausgebaut werden, wie das Magazin «Der Spiegel» und das «Handelsblatt» aus dem vertraulichen Papier berichteten. Deutschland beschreibt China darin wie die EU als Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen, und hält fest: «Die beiden letzteren Aspekte gewinnen jedoch zunehmend an Gewicht.»

In einer Reaktion des Aussenministeriums in Peking hiess es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, die Einstufung Chinas als «Wettbewerber» und «systemischer Rivale» sei ein «Erbe des Denkens aus dem Kalten Krieg». Die chinesische Regierung lehne auch die «Verunglimpfung Chinas durch die deutsche Seite» mit sogenannten Menschenrechtsfragen sowie «Lügen und Gerüchten» ab.

Nach der neuen Strategie sollen Abhängigkeiten – ähnlich wie mit Russland – «zügig und mit für die deutsche Volkswirtschaft vertretbaren Kosten» verringert werden, zitierte der «Spiegel» aus dem ersten Entwurf. Lieferketten sollten diversifiziert werden. In industriellen Schlüsselbereichen dürften Deutschland und die EU «nicht abhängig werden von technologischen Fortschritten in Drittstaaten, die unsere Werte nicht teilen.» Investitionsgarantien und Exportkredite sollten stärker geprüft werden.

Peking warnt: Stein nicht auf eigenen Fuss fallen lassen

Das Pekinger Aussenamt warnte in seiner Reaktion vor «künstlichen Handelsbarrieren, neuen Arten des Protektionismus und einer Politisierung normaler wirtschaftlicher Kooperation in Handel und Investitionen und einer Destabilisierung von Lieferketten». Am Ende sei es «einen Stein heben, nur um ihn auf den eigenen Fuss fallen zu lassen», wurde ein chinesisches Sprichwort zitiert.

Die neue Strategie für den Umgang mit China steckt nach Angaben von Diplomaten allerdings noch in der Abstimmungsphase und soll «irgendwann nächstes Jahr» fertig werden. Erst soll die europäische Sicherheitsstrategie vorgelegt werden, danach die deutsche China-Strategie, die dort eingebunden werden soll.

Beeinträchtigung «von Europas Sicherheitsinteressen»

Das Papier warnt zudem vor der militärischen Aufrüstung Chinas: «Wir sehen China zunehmend als militärischen Akteur, dessen Fähigkeitsaufbau und konkretes Verhalten Europas Sicherheitsinteressen beeinträchtigen», zitiert der «Spiegel» weiter. Es warnt vor chinesischen Investitionen in Häfen weltweit, weil sie «Chinas Fähigkeiten zur maritimen Machtprojektion» erweiterten.

Die Zusammenarbeit mit China solle auch davon abhängen, wie China sein Verhältnis zu Russland gestalte. Im Krieg gegen die Ukraine stehe China «faktisch an Russlands Seite».

Engere Bande mit Taiwan

Deutschland will nach dem Strategieentwurf auch seine Beziehungen zu Taiwan vertiefen und sich für eine Mitarbeit der demokratischen Inselrepublik in internationalen Organisationen einsetzen. Das lehnt Peking allerdings ab, weil es die Insel als Teil der Volksrepublik betrachtet. Dagegen sieht sich Taiwan längst als unabhängig. Das Papier schlägt vor, rasch eine Folgenabschätzung für ein Investitionsabkommen zwischen der EU und Taiwan zu beginnen, das aus Berliner Sicht durchaus mit der Ein-China-Politik vereinbar sei.

Pekings Aussenministerium forderte Deutschland aber auf, «jede Form offizieller Kontakte zu Taiwan einzustellen». Auch soll es aufhören, «falsche Signale» an die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan zu senden.