Opposition in Belarus ruft Armee zum Seitenwechsel auf
Das Militär geht seit Wochen gewaltsam gegen Demonstranten in Belarus vor. Nun wurden sie aufgerufen, sich von Lukaschenko abzuwenden.
Das Wichtigste in Kürze
- Beamte gehen seit Wochen mit harter Gewalt gegen die Demonstranten in Belarus vor.
- Die Opposition ruft das Militär nun zur Abkehr von Machthaber Lukaschenko auf.
- Die Proteste dauern an, seit sich Lukaschenko im August selbst zum Wahlsieger erklärte.
Nach massiver Gewalt gegen Demonstranten in Belarus hat die Opposition das Militär zur Abkehr von Machthaber Alexander Lukaschenko aufgerufen. «Man will Sie in einen Krieg gegen Ihr eigenes Volk hineinziehen». Dies schrieben die Bürgerrechtlerin Swetalana Tichanowskaja und der frühere Kulturminister Pawel Latuschko am Donnerstag an die Soldaten.
«Lukaschenko hat keine Ressourcen mehr, um sich an der Macht zu halten.» Die Streitkräfte sollten vielmehr dem Volk gegenüber loyal sein. Sie sollten nicht «den kriminellen Befehlen» Folge leisten, heisst es in dem im Nachrichtenkanal Telegram verbreiteten Aufruf.
Lukaschenko erklärt sich selbst zum Sieger
In Belarus kommt es seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August regelmässig zu Protesten gegen Lukaschenko. Der 66-Jährige hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen.
Die Opposition sieht dagegen Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Die Sicherheitskräfte gehen immer wieder brutal gegen friedliche Demonstranten vor. Allein am vergangenen Sonntag gab es rund 300 Festnahmen.
«Tiefe Missachtung der Menschenrechte»
Kritik an dem Vorgehen der Behörden kam einmal mehr von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. «Indem die belarussischen Behörden Hunderte Teilnehmer einer friedlichen Demonstration offiziell als »Kriminelle« bezeichnen, zeigen sie ihre tiefe Missachtung der Menschenrechte und grundlegender Freiheiten». Dies teilte Amnesty mit.
Tichanowskaja traf indes am Donnerstag in Wien den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz. Dabei sei über Wege zur friedlichen Lösung der politischen und wirtschaftlichen Krise gesprochen worden. Das teilte die 38-Jährige im Telegram mit. Zugleich habe sie Kurz gedankt, dass er – wie auch andere EU-Chefs – Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten anerkenne.
Reguläre Amtszeit seit Donnerstag beendet
Am Donnerstag endete offiziell die reguläre Amtszeit des Machthabers, der von Gegnern als «letzter Diktator Europas» bezeichnet wird. Lukaschenko hatte sich bereits Mitte September ohne Vorankündigung für eine sechste Amtszeit vereidigen lassen.