200 Festnahmen bei Demos gegen Corona-Politik in Berlin
Handfeste Rangeleien, fliegende Flaschen und Polizisten, die Pfefferspray einsetzen: In der Hauptstadt ist es bei Corona-Protesten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach einer Demonstration gegen die bundesweite Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes haben sich im Berliner Regierungsviertel Gegner der Corona-Politik und Polizei zum Teil gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert.
Während der Bundestag über die neue Corona-Notbremse zur Eindämmung der dritten Pandemiewelle diskutierte, kamen rund um das Brandenburger Tor und auf der Strasse des 17. Juni nach Polizeiangaben mehr als 8000 Demonstranten zusammen. Etwa 2200 Polizisten aus mehreren Bundesländern waren im Einsatz.
Weil sich viele Teilnehmer nicht an die Corona-Hygieneregeln mit Distanz und Mund-Nasenschutz hielten, ordnete die Polizei am Mittag die Auflösung der Kundgebung an. Die Teilnehmer wurden per Lautsprecher aufgerufen, den Demonstrationsort zu verlassen.
Da sich viele der Aufforderung widersetzten, griff die Polizei ein und drängte die Menschen von der Strasse des 17. Juni in den Tiergarten ab. Dabei kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Einzelne Teilnehmer wurden weggetragen, mehr als 150 vorläufig festgenommen. Ihnen werden Verstösse gegen die Corona-Regeln sowie Angriffe auf Einsatzkräfte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Gefangenen-Befreiung vorgeworfen.
Mit Rufen wie «Friede, Freiheit, keine Diktatur», «Widerstand» und «Wir sind das Volk» waren die Kritiker der Corona-Politik nach Aufrufen im gesamten Bundesgebiet am Morgen in Berlin zusammengekommen. «Nein zum Bürgerentmächtigungsgesetz», hiess es etwa auf einem Plakat gegen die Novelle, die unter anderem Ausgangsbeschränkungen ab 22 Uhr vorsieht.
Mit Trillerpfeifen und Trommeln zogen die Demonstranten über die Strasse. Es kam zu Flaschenwürfen auf die Einsatzkräfte, wie die Polizei berichtete. Die Beamten setzten vereinzelt Pfefferspray ein.
Hintergrund der Proteste waren Beratungen des Bundestages über die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes, das inzwischen beschlossen wurde. Das Reichstagsgebäude und das Brandenburger Tor waren weiträumig abgesperrt. Menschen bewegten sich auch in Richtung Potsdamer Platz. Polizisten mit bereit gehaltenen Schlagstöcken versuchten, sie aufzuhalten. Das Reichstagsgebäude sowie das Brandenburger Tor waren weiträumig abgesperrt.
Eine Gruppe zog anschliessend in Richtung Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten. Dort versammelten sich nach Angaben der Polizei schliesslich bis zu 3000 Teilnehmer.
Erneut habe es diverse Verstösse gegen Corona-Hygiene-Regeln gegeben, der Veranstalter habe keinen Einfluss mehr auf das Geschehen gehabt, sagte eine Polizeisprecherin. Die Demonstration sei daher ebenfalls aufgelöst worden.
Am frühen Abend hätten sich nur noch kleine Gruppen von Demonstranten in der Nähe von Schloss Bellevue aufgehalten. Die Lage hatte sich der Polizei zufolge beruhigt, die Einsatzkräfte waren aber noch vor Ort. Insgesamt habe es im Lauf des Tages rund 200 überwiegend vorübergehende Festnahmen gegeben, sagte die Sprecherin.
Kritiker der Corona-Politik hatten mehrere Demonstrationen angemeldet. Eine «Querdenker»-Demonstration blieb allerdings verboten. Das Berliner Verwaltungsgericht bestätigte das in einem Eilverfahren. Ausschlaggebend seien die negativen Erfahrungen mit zahlreichen Versammlungen seit Oktober 2020, die jeweils einen vergleichbaren Teilnehmerkreis aus der «Querdenker-Szene» angesprochen hätten. Deren behauptete Rechtstreue sei ein blosses Lippenbekenntnis, so das Gericht.
In dem Entwurf für die Novellierung des Infektionsschutzes werden bundesweit einheitliche Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie festgeschrieben. Geplant sind etwa Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr. Die geplante Bundes-Notbremse soll gezogen werden, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt mehr als 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen gemeldet werden.