Proteste in Polen gegen strengeres Abtreibungsrecht

In Polen soll das Abtreibungsrecht verschärft werden. Das führte am Dienstag trotz Corona-Pandemie zu zahlreichen Protesten.

Proteste gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen im Jahr 2016. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Gesetzesentwurf sieht in Polen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts vor.
  • Am Dienstag haben zahlreiche Menschen gegen das Vorhaben protestiert.
  • Wegen der Corona-Situation liefen die Proteste jedoch anders ab als sonst.

In Polen haben landesweit viele Menschen gegen einen Gesetzentwurf protestiert, der eine Verschärfung des Abtreibungsrechts vorsieht.

Wegen der Schutzmassnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des Coronavirus, die grössere Versammlungen verbieten, wählten die Frauen am Dienstag alternative Formen für ihren Protest.

Parlament debattiert am Mittwoch

In Warschau rückten sie mit Autos an und blockierten laut hupend einen Verkehrskreisel im Zentrum der Stadt. An anderen Orten hielten die Frauen Plakate hoch, während sie sich mit dem gebotenen Abstand vor Lebensmittelläden anstellten.

Am Mittwoch will das Parlament über einen Gesetzentwurf debattieren, der das strenge polnische Abtreibungsgesetz verschärfen soll. Derzeit ist ein Abbruch in Polen legal, wenn die Schwangerschaft das Leben oder die Gesundheit der Mutter gefährdet, wenn sie Ergebnis einer Vergewaltigung ist und wenn das Ungeborene schwere Missbildungen hat.

Das polnische Parlament in Warschau. Foto: Grzegorz Banaszak/ZUMA Wire/dpa - dpa-infocom GmbH

Laut Gesetzentwurf soll künftig die Indikation für einen Abbruch wegen Missbildungen des Kindes gestrichen werden. Dies ist der häufigste Grund für eine Abtreibung, wie die Statistik des Gesundheitsministeriums zeigen.

So wurden von den rund 1100 Abtreibungen, die 2018 in polnischen Krankenhäusern ausgeführt wurden, 1050 mit schweren Fehlbildungen eines ungeborenen Kindes begründet. «Dieser Gesetzentwurf bedeutet in der Praxis ein totales Abtreibungsverbot», kritisiert das Bündnis für Frauenrechte und Familienplanung Federa.

«Diskriminierung von Behinderten beenden»

Federführend bei der Novelle war die «Stiftung Leben und Familie». Deren Sprecherin Kaja Godek begründet den Vorstoss so: «Dieser Gesetzentwurf ist vor allem eine Chance, die Diskriminierung von Behinderten zu beenden. Nach dem geltenden Gesetz haben sie kein Recht auf Leben.»

Im Jahr 2018 sollte das polnische Abtreibungsrecht schon einmal verschärft werden. Das Vorhaben scheiterte aber an massivem gesellschaftlichen Widerstand.