Prozess gegen angeblichen Boss von Menschenschmuggler-Mafia endet mit Freispruch

Ein Gericht im italienischen Palermo hat am Freitag einen Eritreer vom Vorwurf freigesprochen, der gesuchte Chef eines Schleusernetzwerks zwischen Nordafrika und Europa zu sein.

Der Angeklagte vor Gericht - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Italienisches Gericht bestätigt Verwechslung - Eritreer zu Unrecht beschuldigt.

Die Richter gingen nach einem 21-monatigen Mammut-Prozess in der Stadt auf Sizilien schlicht von einer Verwechslung aus, was der Angeklagte auch stets betont hatte.

Der Tischler Medhanie Tesfamariam Berhe war 2016 im Sudan gefasst und nach Italien überstellt worden. Seine Verhaftung war von den sudanesischen, italienischen und britischen Ermittlern gemeinsam organisiert und öffentlich als ein entscheidender Schlag gegen den Menschenschmuggel gefeiert worden. Demnach sollte es sich bei ihm um Medhanie Yehdego Mered handeln, einem als «General» bekannten Chef eines Menschenschmugglernetzwerks in Nordafrika und Europa.

Die Richter verurteilten Berhe am Ende lediglich zu fünf Jahren Haft wegen Beihilfe zu illegaler Migration. Er wurde jedoch umgehend auf freien Fuss gesetzt. Die Strafe sei durch seine Zeit in Untersuchungshaft bereits abgegolten.

Mered alias «General» soll der Kopf eines kriminellen Netzwerks sein, das in grossem Stil die oft tödlichen Fluchtbewegungen von Nordafrika über das Mittelmeer nach Europa organisiert. Er soll unter anderem auch für eines der schlimmsten Unglücke mit einem Flüchtlingsboot verantwortlich sein. Dabei ertranken 2013 mehr als 360 Menschen im Mittelmeer vor der italienischen Insel Lampedusa.

Der Prozess gegen Berhe fand statt, obwohl es bereits seit langem Zweifel daran gab, dass es sich bei ihm um Mered handelte. Beide Männer sehen unterschiedlich aus, unter anderem unterstützten auch DNA-Tests die Beteuerungen des Angeklagten, dass eine Verwechslung vorliege. Sie belegten, dass Berhe mit seiner Mutter verwandt war. Zugleich zeigten sie keine Übereinstimmung mit der DNA von Mereds dreijährigem leiblichen Sohn, der in Schweden lebt.

Laut investigativen Recherchen von Journalisten lebt der gesuchte Mered vielmehr in Uganda. Menschen, die Kontakt mit dem «General» hatten, bestätigten, dass dieser nicht der Angeklagte sei. Auch Mered selbst sagte gegenüber einem US-Journalisten im Jahr 2017, dass die Ermittler den falschen Mann gefasst hätten. Die Staatsanwaltschaft hatte für Berhe trotzdem eine Haftstrafe von 14 Jahren gefordert.

Festgenommen worden war Berhe 2016 in der sudanesischen Hauptstadt Khartum, nachdem er auf dem Mobiltelefon eines mutmasslichen Menschenschmugglers in Libyen angerufen hatte, das britische Ermittler abhörten. Sie gingen aufgrund des identischen Namens davon aus, dass es sich um den «General» handelte. Behre zufolge wollte er sich nach Bekannten auf dem Weg nach Europa erkundigen.