Recep Tayyip Erdogan: Wie ernst muss man seine Drohung nehmen?
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Israel kürzlich mit Invasion gedroht. Eine leere Drohung, meinen Experten.
Das Wichtigste in Kürze
- Der türkische Präsident Erdogan drohte Israel am Sonntag mit einer Invasion.
- Dies sei eine leere Drohung, meinen Experten.
- Mit einer klaren Positionierung für Palästina möchte Erdogan den Iran entkräften.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte Israel am Sonntag mit einer Invasion: «So wie wir in Bergkarabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun.» Er sprach bei einer Veranstaltung seiner Regierungspartei AKP.
Wie ernst muss man das nehmen – wird die Türkei wirklich in Israel einmarschieren? Nein, meint SRF-Auslandskorrespondent Philipp Zahn: «Das ist eine leere Drohung. Es geht Erdogan in erster Linie um ein innenpolitisches Signal.»
Reinhard Schulze, Islamwissenschaftler und ehemaliger Professor an der Universität Bern, sagt gegenüber Nau.ch: «Er sprach über die Zukunft der Rüstungsindustrie und fühlte sich offenbar genötigt, der Rüstung zusätzliche Legitimität zu verleihen. Dafür bot sich die Parteinahme für Gaza an.»
Der türkische Präsident könnte sich durch eine solche Drohung auch erhoffen, eine zentralere Rolle im Nahostkonflikt zu erlangen, meint Schulze. «Er sieht wohl die Chance, durch eine Schirmherrschaft für die palästinensische Sache ein Gegengewicht zum Iran zu schaffen.»
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Der Iran ist der klarste Unterstützer der Hamas. Schulze: «Die arabischen Anrainerstaaten vermeiden es bislang, in diesen Konflikt hineingezogen zu werden.» Erdogan könnte versuchen, die Türkei als «ehrlichen Unterstützer» von Palästina darzustellen – und so den Iran zu entkräften.
Innerhalb der Türkei habe es wenig Reaktion auf die Drohung gegeben, sagt Philipp Zahn beim SRF. «Sie ist quasi nur noch eine weitere verbale Eskalation, die man in der Türkei eigentlich nicht mehr ernst nimmt.»
Recep Tayyip Erdogan übertreibt mit Aserbaidschan-Aussage
Auch in Bergkarabach in Aserbaidschan sei die Türkei nicht, wie der Präsident es nennt, «reingegangen», erklärt Islamwissenschaftler Schulze.
2023 habe der türkische Präsident gesagt, er würde Aserbaidschan mit «allen Mitteln» unterstützen. Er stellte dem verbündeten Aserbaidschan damals modernere Waffen und Ausbildungen zur Verfügung, jedoch keine Truppen.
Schulze: «Dass Erdogan von ‹Invasion› sprach, ist wohl eher eine rhetorische Übertreibung der Militärhilfe in Aserbaidschan.» Denn immerhin sei die Türkei Nato-Mitglied, so Schulze. «Im Falle einer militärischen Intervention käme es fast zwangsläufig zu einem Konflikt mit der Nato.»