Scholz will schnelle Regierungsbildung – Laschet gibt nicht auf

Nach der Wahlschlappe bemüht sich CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet weiter darum, eine Mehrheit im Bundestag hinter sich zu bekommen.

Nach der vorläufigen Wahl der SPD strebt CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet (l) eine Jamaika-Koalition an. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz strebt ein «Ampel»-Bündnis an.
  • Sein Rivale Armin Laschet (CDU) will jedoch eine Jamaika-Koalition.
  • Grüne und FDP haben die Entscheidung in der Hand.

Nach der Bundestagswahl in Deutschland will der Wahlsieger Olaf Scholz möglichst rasch eine Regierung bilden. Aber sein unterlegener Rivale Armin Laschet bemüht sich weiter darum, eine Mehrheit im Bundestag hinter sich zu bekommen.

«Wir werden sehr schnell mit den anderen Parteien, mit denen wir eine Regierung bilden wollen, uns abstimmen über Gesprächsverläufe.» Dies sagte Scholz am Montag nach einer Präsidiumssitzung der SPD in Berlin.

Der sozialdemokratische Spitzenkandidat strebt ein «Ampel»-Bündnis (Rot-Gelb-Grün) aus SPD, Grünen und FDP an.

SPD gewinnt Wahl vorläufig

Die SPD hatte die Wahl am Sonntag laut vorläufigem amtlichen Endergebnis mit 25,7 Prozent der Simmen gewonnen (2017: 20,5). Die CDU/CSU mit Spitzenkandidat Laschet hatte mehr als acht Punkte eingebüsst und war bei 24,1 Prozent gelandet. Es ist ihr schlechtestes Bundestagswahlergebnis aller Zeiten.

Olaf Scholz im Bundestag. (Archivbild) - AFP/Archiv

Die Grünen verbesserten sich auf 14,8 Prozent (8,9) und die FDP auf 11,5 (10,7). Die rechtspopulistische AfD sank auf 10,3 Prozent (12,6), die Linke auf 4,9 Prozent (9,2).

Die SPD stellt künftig 206 Abgeordnete, die CDU/CSU 196, die Grünen 118, die FDP 92, die AfD 83, die Linke 39 und der Südschleswigsche Wählerverband als Vertretung der dänischen Minderheit einen.

CDU strebt Jamaika-Koalition an

Laschet erklärte trotz der Wahlschlappe, dass er weiterhin Sondierungen über die Bildung einer neuen Regierung anstrebe. Vorstand und Präsidium der CDU seien sich einig, «dass wir zu Gesprächen für eine sogenannte Jamaika-Koalition bereit stehen». Dies sagte der CDU-Chef nach Beratungen der Spitzengremien am Montag in Berlin.

Unter «Jamaika» versteht man in Deutschland ein Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen (Schwarz-Gelb-Grün). Kanzler werde derjenige, der eine Mehrheit im Bundestag hinter sich habe, sagte Laschet. Ein Jamaika-Bündnis käme auf 406 von 735 Sitzen.

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet tritt im Konrad-Adenauer-Haus vor die Presse. - dpa

Der CDU-Vorsitzende kündigte eine Erneuerung seiner Partei an und gestand persönliche Fehler ein. Ein Ergebnis unter 30 Prozent sei nicht der Anspruch der Union als Volkspartei, sagte er. Laschet bestätigte zugleich, dass er nicht für den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kandidieren werde. Auch die bevorstehenden Gespräche als Parteichef werde er nicht führen.

Laschet will in Berlin bleiben

Laschet hat über die NRW-Landesliste ein Bundestagsmandat gewonnen. Mit der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 26. Oktober würde Laschet dann Abgeordneter in Berlin. Sollte er das Bundestagsmandat annehmen, kann er laut NRW-Landesverfassung nicht länger Ministerpräsident in Düsseldorf bleiben.

In dem Fall muss ein Übergangsregierungschef bis zur Landtagswahl in NRW im Mai 2022 gefunden werden. Schon vor Wochen hatte Laschet angekündigt, dass er unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl in Berlin bleiben werde.

Ob «Ampel» oder «Jamaika», Grüne und FDP haben es nun in der Hand, welcher der beiden grossen Parteien sie in die Regierung verhelfen. FDP-Chef Christian Lindner sagte am Montag, die Parteiführung habe beschlossen, «Vorsondierungen» mit den Grünen aufzunehmen.

CSU-Chef Markus Söder fordert Fehleranalyse

«Zwischen Grünen und FDP gibt es die grössten inhaltlichen Unterschiede bei den Parteien des demokratischen Zentrums, die jetzt über eine Regierungsbildung miteinander sprechen könnten», erläuterte er. «Deshalb macht es Sinn, angesichts dieser bisweilen bestehenden Polarisierung den gemeinsamen Grund zu suchen.»

Markus Söder, CSU-Vorsitzender und bayerischer Ministerpräsident, spricht bei einem Pressestatement nach der Bundestagswahl im Jakob-Kaiser-Haus. - keystone

CSU-Chef Markus Söder kündigte eine umfassende Aufarbeitung und Fehleranalyse an. «Wir dürfen es nicht schön reden», sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Die Union dürfe jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Die CSU ist die Schwesterpartei der CDU und tritt nur im Bundesland Bayern an.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock gestand ein, dass ihre Partei bei der Wahl die selbstgesteckten Ziele nicht erreicht hat. «Wir sind unter unseren Erwartungen geblieben», sagte sie am Montag vor einer Sitzung des Parteivorstands in Berlin. Die Ökopartei hatte in den Umfragen über mehrere Jahre im Bereich oberhalb der 20 Prozent notiert. Bei der Europawahl 2019 hatte sie mit gut 20 Prozent ihr bestes Wahlergebnis auf nationaler Ebene erzielt.