Tausende protestieren im Libanon

Es sind die grössten Proteste im Libanon seit mehreren Jahren. Strassenbarrikaden und Autoreifen brennen, in einigen Strassen von Beirut liegt dichter Rauch in der Luft. Einer der Gründe für die Proteste ist eine Gebühr für Telefonate über WhatsApp.

Viele Libanesen verschaffen ihrem Frust über die Zustände im Land Ausdruck. Foto: Marwan Naamani/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit brennenden Barrikaden, Protestzügen und Blockaden haben Tausende Demonstranten das öffentliche Leben im Libanon grösstenteils lahmgelegt.

Schulen blieben geschlossen, ebenso wie viele Geschäfte an zentralen Plätzen in der Innenstadt von Beirut.

Die Proteste richteten sich gegen Korruption und geplante Sparmassnahmen der Regierung des Mittelmeerstaates. Am Donnerstag hatte Informationsminister Dschamal Dscharra zunächst eine tägliche Gebühr von 0,20 US-Dollar auf die Nutzung von Kommunikationsdiensten wie WhatsApp zum Telefonieren bekanntgegeben.

Bereits in der Nacht zum Freitag waren Tausende Menschen in mehreren Städten des Libanon auf die Strasse gegangen. Sie zündeten Strassenbarrikaden und Autoreifen an. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Bei Zusammenstössen wurden nach Angaben des Innenministeriums und des Roten Kreuzes etwa 60 Polizisten und mehr als 100 Demonstranten in der Hauptstadt Beirut verletzt.

Der Libanon mit 6,8 Millionen Einwohnern kämpft mit einer Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Staatsverschuldung liegt bei 86 Milliarden US-Dollar (gut 77 Milliarden Euro), was einer Quote von etwa 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Es ist eine der höchsten Schuldenquoten weltweit.

Angesichts der Proteste verkündete Telekommunikationsminister Mohammed Schukair nur Stunden nach der umstrittenen Entscheidung zur Gebühr für Internettelefonie, dass die Änderung nicht in Kraft treten werde. Die Proteste gingen dennoch weiter.

«Wir werden die Strasse nicht verlassen, bis die Diebe in der Regierung nicht verschwinden», sagte der 27-jährige Mahmoud. Viele Demonstranten trugen die libanesische Flagge und forderten die Politiker zum Rücktritt auf. «Die Regierung und der Präsident müssen verschwinden. Alle Libanesen sind hungrig und haben kein Geld und keine Jobs», sagte Hania Mabsut.

Demonstranten stürmten unter anderem das Büro eines schiitischen Abgeordneten im Südlibanon. Sie blockierten auch die Hauptstrasse in Richtung des internationalen Flughafens von Beirut. Einige Passagiere versuchten, zu Fuss mit ihren Koffern den Flughafen zu erreichen. Soldaten räumten am Freitag brennende Reifen und Barrikaden zur Seite und versuchten, blockierte Strassen zu öffnen.