Tausende Rotschals demonstrieren gegen Gelbwesten

Jetzt gibt es in Frankreich eine Protestbewegung gegen die Protestbewegung: Heute Sonntag demonstrierten mehrere tausend «Rotschals» gegen die «Gelbwesten».

Hunderte Menschen trugen rote Schals und demonstrierten gegen die «Gelbwesten» und die damit verbundenen Ausschreitungen und Gewalt. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • In Frankreich demonstrierten tausende «Rotschals» gegen die «Gelbwesten»-Bewegung.
  • Am Samstag wurde ein prominenter Vertreter der «Gelbwesten» von der Polizei verletzt.

In Paris haben heute Sonntag mehrere Tausend «Rotschals» gegen die Protestbewegung der «Gelbwesten» demonstriert. Die Kundgebung setzte sich am Nachmittag bei Regenwetter von der Place de la Nation aus in Bewegung. Die Teilnehmer, von denen viele rote Schals trugen, gingen nach eigenen Angaben gegen die Gewalt am Rande der «Gelbwesten»-Proteste und für die Institutionen der Republik auf die Strasse.

Die Teilnehmerzahl bei der Demonstration der «Rotschals» («Foulards Rouges») blieb hinter den Erwartungen zurück. Die Organisatoren hatten am Vormittag mit mindestens 10'000 Teilnehmern gerechnet – so viele hatten zuvor über das Online-Netzwerk Facebook ihre Teilnahme zugesagt.

Präsidentenfreundliche «Rotschals»

Der Initiator der «Rotschals», Laurent Soulié, steht der Partei Die Republik in Bewegung (La République en Marche) von Präsident Emmanuel Macron nahe. Der Ingenieur aus Toulouse hatte die Idee zu der Demonstration Mitte Dezember bei Facebook lanciert. Das Kennzeichen der roten Schals geht auf eine Protestgruppe zurück, die seit Ende November gegen die Strassenblockaden der «Gelbwesten» demonstrierte.

Diese hatten am elften Protest-Samstag in Folge 69'000 Franzosen auf die Strasse gebracht, wie das Innenministerium mitteilte. In Paris demonstrierten demnach rund 4000 «Gelbwesten» gegen den Reformkurs von Präsident Macron.

Zur Entschärfung des Konfliktes hatte Macron im Dezember mit milliardenschweren Sozialmassnahmen reagiert. Ausserdem rief er eine «Bürgerdebatte» ins Leben, bei der Bürger bis Mitte März in ihren Gemeinden Vorschläge machen können. Macron nahm in der zurückliegenden Woche selbst an einem solchen Gespräch in Süden des Landes teil.

Zusammenstösse an Place de la Bastille

In Paris kam es am Samstag an der Place de la Bastille zu Zusammenstössen zwischen Polizei und Demonstranten. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, um Demonstranten zurückzudrängen, die Wurfgeschosse auf Polizisten warfen. Nach Angaben der Präfektur wurden dabei 22 Menschen festgenommen.

Jérôme Rodrigues, eines der Sprachrohre der «Gelbwesten», wurde schwer am Auge verletzt. Er sei von einem Gummigeschoss der Polizei getroffen worden, sagte sein Anwalt Philippe de Veulle heute Sonntag dem Fernsehsender BFM. «Er wird sein Leben lang behindert sein.» Das Projektil sei von anderen Demonstranten als Beweisstück eingesammelt worden.

Der Einsatz von Gummigeschossen ist umstritten. Innenminister Christophe Castaner hatte angekündigt, die Sicherheitskräfte mit Körperkameras auszustatten, um die Einsätze besser zu dokumentieren. Der linke Oppositionspolitiker Jean-Luc Mélenchon forderte nach der Verletzung von Rodrigues den Rücktritt Castaners.