Ukraine-Krieg: Geheimdokument Krieg früh fast beendet
Nach wenigen Wochen Ukraine-Krieg war offenbar ein Deal zwischen der Ukraine und Russland bereit. Doch am Ende waren die Differenzen zu gross.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ukraine und Russland führten wenige Wochen nach Kriegsbeginn Verhandlungen.
- Offenbar waren sich beide Länder nicht mehr allzu weit von einer Einigung entfernt.
- Am Ende gingen russische Forderungen der Ukraine doch zu weit.
Im April 2022 hätte der Ukraine-Krieg nach wenigen Wochen offenbar beendet werden können. Die Ukraine und Russland waren in intensiven Verhandlungen, um eine Lösung für ein Kriegsende zu finden. Ein geheimer 17-seitiger Vertragsentwurf zeigt nun, dass beide bereit waren, bedeutende Zugeständnisse zu machen. Das Dokument liegt der «Welt am Sonntag» vor.
Russland hätte demnach seine Maximalforderungen zurückgeschraubt. Ein mögliches Zeichen dafür, wie stark der ukrainische Widerstand früh im Ukraine-Krieg war. Doch trotz dieser Bereitschaft scheiterten die Verhandlungen letztendlich an zusätzlichen russischen Forderungen und externen Einflüssen.
Frühe Verhandlungen im Ukraine-Krieg
In dem Entwurf des Friedensvertrags hätte sich die Ukraine zur permanenten Neutralität verpflichtet. Dieser Schritt hätte den Beitritt zur Nato ausgeschlossen. Darüber hinaus sollte das Land sich dazu verpflichten, keine Atomwaffen anzuschaffen oder herzustellen.
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Weitere Punkte sahen vor, dass keine ausländischen Truppen oder Waffen ins Land gelassen werden dürfen. Die militärische Infrastruktur dürfte zudem nicht anderen Ländern zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollte Kiew auf Militärübungen mit ausländischer Beteiligung und die Teilnahme an militärischen Auseinandersetzungen verzichten.
Sicherheitsgarantien von Russland
Im Gegenzug hätte Russland versprochen, die Ukraine nicht erneut anzugreifen. Diese Sicherheit sollte durch Zusicherungen von Russland und den anderen ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates gewährleistet werden. Diese sind die USA, Grossbritannien, Frankreich und China.
Der Vertragsentwurf sah jedoch vor, dass bestimmte Gebiete von diesen Sicherheitsgarantien ausgenommen werden sollten. Dabei handelte es sich dem Bericht zufolge um die Krim und Teile von Donezk und Luhansk.
Sie standen bereits vor dem Ukraine-Krieg unter russischer Kontrolle. Dies hätte faktisch bedeutet, dass Kiew Russland die Kontrolle über diese Gebiete zugesteht.
Trotz der Fortschritte gab es deutliche Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Grösse der ukrainischen Armee. Während Russland eine Reduktion auf 85'000 Soldaten forderte, wollte die Ukraine ihre Truppenstärke auf 250'000 Soldaten belassen. Ähnliche Diskrepanzen gab es auch bei der Anzahl der Panzer sowie gepanzerten Fahrzeuge und Artilleriegeschütze.
Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj hätten sich in einem persönlichen Treffen über unklare Punkte unterhalten sollen. Dazu kam es aber nicht.
Johnson intervenierte
Die Verhandlungen scheiterten letztendlich an zusätzlichen Forderungen seitens Russlands nach dem Treffen in Istanbul. Diese beinhalteten unter anderem die Einführung der russischen Sprache als zweite Amtssprache in der Ukraine. Des Weiteren sollten gegenseitige Sanktionen aufgehoben werden.
Und: Kiew sollte Klagen vor internationalen Gerichten fallen lassen und «Faschismus, Nazismus und aggressiven Nationalismus» gesetzlich verbieten. Laut Berichten waren die Forderungen für Kiew unannehmbar.
Ein weiterer möglicher Grund für das Scheitern des Vertrags könnte der Einfluss des damaligen britischen Premierministers Boris Johnson gewesen sein. Der Brite habe die ukrainische Regierung aufgefordert, nichts mit Putin zu unterzeichnen und den Kampf fortzusetzen. Das behauptete etwa der ukrainische Verhandlungsführer David Arakhamia.