Ukraine-Krieg: Jetzt will Russland Kriegsgegner enteignen

Das russische Parlament nimmt eine Verschärfung an, die die Enteignung von Gegnern des Ukraine-Kriegs erlaubt. Ein Experte vermutet eine Abschreckungs-Taktik.

Russische Polizisten nehmen einen Kriegsgegner an einer Demonstration fest. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Russlands Parlament ermöglicht die Enteignung von Kriegsgegnern.
  • Wer den «Nationalsozialismus rehabilitiert», kann nun sein Eigentum verlieren.
  • Ein Menschenrechtler geht davon aus, dass es bloss eine Abschreckungstaktik ist.

Russland geht hart gegen Gegner und Kritiker seiner bald zweijährigen «militärischen Spezialoperation» in der Ukraine vor. Die Abgeordneten haben nun Gesetzesverschärfungen zugestimmt, um noch härtere Strafen zu ermöglichen. So wurde die Liste mit Straftaten, die mit der Konfiszierung von Eigentum geahndet werden können, erweitert. Darüber berichtet der «Spiegel».

Neu gehören auch Verbreiten von Falschinformationen über den Krieg, Diskreditierung der Streitkräfte, Aufruf zur Sanktionierung und extremistische Aktivitäten dazu. Ebenfalls die «Rehabilitierung des Nationalsozialismus» kann neu mit Enteignung bestraft werden. Alle diese Gesetze wurden oft gegen Kriegsgegner angewendet.

Seit bald zwei Jahren führt Wladimir Putin in der Ukraine Krieg. - keystone

Vor allem die «Rehabilitierung des Nationalsozialismus» legt die russische Justiz auf sehr interessante Art und Weise aus. Damit wird nämlich jede Unterstützung und jedes Lob der Ukraine und Wolodymyr Selenskyjs gemeint.

Auch Kritik an Putin könne in diese Kategorie fallen, erklärt Maria Tschaschilowa von der Menschenrechtsorganisation OWD-Info. Hintergrund ist, dass der Kremlchef den Ukraine-Krieg damit erklärt, das «Kiewer Regime» bestehe aus Nazis, das Land müsse «entnazifiziert» werden.

Wjatscheslaw Wolodin, der Vorsitzende der Duma, jubelt auf Telegram über die Gesetzesverschärfung: «Das Gesetz über die Schurken wurde angenommen.» Damit würden «Verräter bestraft, die aus dem Ausland unser Land und unsere Soldaten mit Dreck besudeln». Er spricht damit auf die Tausenden Russen an, die nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs ins Ausland geflohen sind.

Wladimir Putin behauptet stets, Wolodymyr Selenskyj sei ein Nazi. - keystone

Sie würden «ein Leben in Wohlstand» führen, ihr Eigentum vermieten und so Geld auf Kosten russischer Bürger machen. Die «Schurken» fühlten sich ungestraft und würden glauben, dass sie die Gerechtigkeit nicht erreichen werde, schreibt Wolodin.

Ukraine-Krieg: Gesetzesverschärfung für Kritiker wohl nur Abschreckung

Wie effektiv die Gesetzesverschärfungen sind, ist unklar, sagt Ivan Pawlow, Gründer des Menschenrechtsprojektes Perwij Otdel. Er erklärt, dass die Konfiszierung von Eigentum nur dann erfolgen könne, wenn eine Person für eine Straftat verurteilt worden sei.

Und auch dann nur, wenn zwischen dem Eigentum und der Straftat ein Zusammenhang bestehe. «Wenn jemand etwas über den Krieg in sozialen Netzwerken postet, könnte das Handy dieser Person entzogen werden.»

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Pawlow glaubt nicht, dass Russland nun Kriegsgegner im grossen Stil enteignen wird. Die Verschärfung diene wohl in erster Linie der Abschreckung und Drohung. Jurist und Menschenrechtler Pawlow: «Damit soll die Schreckensvorstellung verbreitet werden, dass Kriegsgegnern alles weggenommen wird und sie hungern müssen.»