Ukraine Krieg: Russischer Lehrerin droht wegen Anti-Kriegs-Rede Haft

Die russische Lehrerin Irina Gen verurteilt im Unterricht Russlands Taten im Ukraine-Krieg. Da sie von den Schülern aufgenommen wird, droht ihr eine lange Haft.

Dem Täter droht nun eine lebenslange Haft (Symbolbild). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Lehrerin Irina Gen erzählte ihren Schülern die Wahrheit über den Ukraine-Krieg.
  • Da die Russin von ihren Schülern aufgenommen wurde, drohen ihr nun bis zu zehn Jahre Haft.
  • Dies, da das russische Schulsystem klar abweichende Stimmen nicht duldet.

Irina Gen unterrichtet Englisch und Deutsch in der russischen Stadt Pensa. Am 18. März fragten ihre 13- und 14-jährigen Schüler, warum russische Athleten von weltweiten Wettkämpfen ausgeschlossen worden sind.

Die 55-Jährige antwortete darauf: «Solange Russland nicht anfängt, sich zivilisiert zu verhalten, wird die Nichtzulassung russischer Athleten zu Wettkämpfen für immer bestehen bleiben ... Ich denke, das ist richtig».

Sie führte ihre Kritik aus: «Russland wollte Kiew erreichen und die Regierung stürzen! Die Ukraine ist in der Tat ein souveräner Staat, es gibt eine souveräne Regierung ... Wir leben in einem totalitären Regime. Jede abweichende Meinung wird als Verbrechen betrachtet.»

Aufnahmen von Kreml-nahen Telegram-Kanälen geteilt

Gleichzeitig verurteilte die Lehrerin das Vorgehen russischer Staatsmedien im Ukraine-Krieg. Diese hätten die Bombardierung eines Entbindungsheims in der ukrainischen Stadt Mariupol als Provokation ukrainischer Art dargestellt.

Was Gen zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht wusste: Ihre Äusserungen wurde von ihren Schülern aufgezeichnet. Was nun ein böses Nachspiel nach sich ziehen könnte.

Der russischen Lehrerin Irina Gen droht eine zehnjährige Haftstrafe, nachdem sie im Unterricht Russlands Verhalten im Ukraine-Krieg verurteilte. - Twitter/@guardian

Die Audioaufnahme wurde zuerst von Kreml-nahen Telegram-Kanälen geteilt. Dann, nach fünf Tagen, wurde Gen vom russischen Geheimdienst auf ihre Anti-Kriegs-Rede angesprochen. Gegenüber dem «Guardian» erzählt Gen: «Ich war schockiert. Ich hatte keine Ahnung, dass ich aufgezeichnet wurde.»

Ende März wurde eine kürzlich eingeführte Verordnung gegen die 55-Jährige eingeleitet. Diese bestraft die Verbreitung vorgetäuschter Informationen über das russische Militär im Ukraine-Krieg.

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Seitdem wurde Gen mit einem Ausreiseverbot belegt. Im schlimmsten Fall droht ihr eine zehnjährige Haftstrafe.

Im Ukraine-Krieg: «Freunde unterstützen Russland in diesem Konflikt»

Trotz allem ist Gen, die mittlerweile nicht mehr als Lehrerin arbeitet, nicht wütend auf ihre Schüler: «Ich gebe meinen Schülern keine Schuld; sie folgen einfach dem, was ihre Eltern denken und die ihnen sagen, was sie tun sollen.» Sie ist überzeugt, dass die Kinder von ihren Vätern und Müttern unterstützt worden seien, sie wegen ihrer Rede anzuzeigen.

Die extrem belastende Lage, in der sich Gen derzeit befindet, beschreibt sie mit: «Diese Situation ist schrecklich. Sie war für mich persönlich sehr hart. Aber es ist auch verrückt, zu sehen, wie Menschen, die ich für Freunde halte, Russland in diesem Konflikt unterstützen.»

Bereits früh machte Moskau klar, dass abweichende Stimmen im Schulsystem nicht geduldet werden. Seit dem 1. März wurden daher neue Kurse eingeführt. In diesen soll Schülern erklärt werden, warum Russland gezwungen war, Krieg gegen «ein faschistisches Regime in der Ukraine» zu beginnen.