Urologe: Früher Leistungssport Risikofaktor für Hodenkrebs

Bestimmte Sportarten haben laut Experten kaum Einfluss auf die Entstehung von Hodenkrebs. Vor der Pubertät könne extremer Leistungssport die Erkrankung jedoch begünstigen, sagt ein Urologe.

Die Nachricht über die schwere Erkrankung von Neuzugang Sebastien Haller sorgte bei Borussia Dortmund für Bestürzung. - David Inderlied/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Extremer Leistungssport vor der Pubertät ist nach Angaben des Urologen Frank Sommer ein Risikofaktor für die Entstehung von Hodenkrebs.

«Internationale Studien zeigen, dass Jungen, die vor der Pubertät extrem anstrengenden Leistungssport machen, ein erhöhtes Risiko für Hodenkrebs haben, unabhängig von genetischen Faktoren», sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit der Deutschen Presse-Agentur.

Normalerweise senkten Sport und körperliche Aktivität das Krebsrisiko, aber in diesem konkreten Fall sei es anders. Bei dem BVB-Spieler Sébastien Haller war kürzlich ein Tumor im Hoden festgestellt worden.

Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft ist Hodenkrebs mit einem Anteil von etwa 1,6 Prozent aller Krebsneuerkrankungen eine eher seltene Tumorerkrankung. Bei Hodenkrebs werde der betroffene Hoden in 99 Prozent der Fälle entfernt, sagte Sommer. Da im Hoden das Hormon Testosteron produziert werde, sei dies für Leistungssportler ein besonderes Problem. «Testosteron ist nämlich auch für die Regeneration zuständig. Das heisst, ein von Hodenkrebs betroffener Sportler benötigt anschliessend längere Erholungszeiten nach dem Training.»

Der zweite Hoden könne den Verlust auf Dauer oft kompensieren, doch das brauche seine Zeit. In den ersten sechs bis zwölf Monaten müsse das Training auf jeden Fall stark angepasst werden. Wenn der Krebs bereits gestreut habe, würden gegebenenfalls auch Bestrahlung und Chemotherapie notwendig. In dieser Zeit dürfe das Training bei Leistungssportlern aber dennoch nicht völlig eingestellt werden, damit seine Leistungen nicht total einbrächen. «Es ist ein sehr ausgeklügeltes System mit engmaschiger Kontrolle.»

Glücklicherweise sei heute fast jeder Hodentumor heilbar, sagte Sommer. «Wir können wirklich von Glück sagen, dass wir im Jahr 2022 sind und nicht etwa 1985. Da war nämlich fast jeder Hodentumor tödlich.»

Nach Angaben von Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums, haben dagegen Lebensstilfaktoren oder bestimmte Sportarten keinen Einfluss auf die Entstehung von Hodenkrebs. «Hodenkrebs ist letzten Endes eine Erkrankung, die in den allermeisten Fällen rein zufällig entsteht, ohne dass ein bekannter Risikofaktor vorliegen würde», hatte Weg-Remers der Deutschen Presse-Agentur gesagt.