Urteil in Russland: Gershkovich erhält 16 Jahre Lagerhaft

Dem US-Reporter Evan Gershkovich wird Spionage vorgeworfen. In Russland wurde er nun zu einer Haftstrafe von 16 Jahren verurteilt.

Der US-Journalist Evan Gershkovich wurde in Russland zu 16 Jahren Haft verurteilt. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit März 2023 befindet sich Evan Gershkovich in Russland in Untersuchungshaft.
  • Die Staatsanwaltschaft wirft dem US-Journalisten Spionage vor.
  • Nun wurde Gershkovich zu einer Haftstrafe von 16 Jahren verurteilt.

Evan Gershkovich (32) arbeitet in Russland als Korrespondent für das «Wall Street Journal». In einem umstrittenen Prozess warf die russische Staatsanwaltschaft ihm Spionage vor. Sie beantragte eine 18-jährige Haftstrafe für den Journalisten.

Sowohl Gershkovich als auch die US-Zeitung und die US-Regierung wiesen jeglichen Vorwurf der Spionage zurück. Auch eine Gerichtssprecherin resümiert: «Der Angeklagte hat keine Schuld eingestanden.»

Bereits im März 2023 war Gershkovich festgenommen worden und befand sich seitdem in Untersuchungshaft. Die Anschuldigungen gegen ihn waren vonseiten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB erhoben worden.

Die Fotos zeigen Evan Gershkovich am Moskauer Stadtgericht und am Bezirksgericht Swerdlowsk in Jekaterinburg von 2023 bis 2024. - keystone

Laut Anklage soll er im Auftrag des US-Geheimdienstes CIA konspirativ Informationen über die Rüstungsfabrik Uralvagonzavod gesammelt haben. Die Verteidigung sagte, Gershkovich habe in der Region als Journalist recherchiert.

Nun ist der Journalist im Spionageprozess zu 16 Jahren strenger Lagerhaft verurteilt worden. Das meldeten russische Agenturen übereinstimmend aus dem Gericht in der Stadt Jekaterinburg.

Hinter den Kulissen wurde verhandelt

Nach offiziellen russischen Angaben liefen im Verborgenen Verhandlungen über einen Austausch von Gershkovich mit den USA. Russische Beobachter deuten eine schnelle Verurteilung als möglichen Hinweis darauf, dass Gershkovich nun rasch ausgetauscht werden könnte. In der Regel muss nach russischer Justizpraxis ein Urteil vorliegen, damit es zu einem Austausch kommt.

Der Machtapparat presst so immer wieder in den USA inhaftierte Russen frei. Zudem hat der Kreml ein Interesse daran, einen nach dem Mord im Berliner Tiergarten 2021 verurteilten Russen in Deutschland freizubekommen. Der Mörder erschoss dem deutschen Urteil zufolge im Auftrag staatlicher Moskauer Stellen aus Rache einen georgischen Staatsbürger. Weil dieser im Tschetschenienkrieg russische Soldaten getötet haben soll.

Gershkovich hat die meiste Zeit seiner seit mehr als einem Jahr andauernden Untersuchungshaft in einem Moskauer Gefängnis verbracht. Er klagte immer wieder ohne Erfolg gegen die Verlängerung der Haft.

Der Andrang der Journalisten vor dem Gerichtssaal ist gross. - keystone

Der Prozess gegen ihn hatte am 26. Juni begonnen. Nach dem zweiten Verhandlungstag beendete das Gericht am Donnerstag die von der Justiz so bezeichnete Beweisaufnahme.

Medien berichteten, dass ein örtlicher Abgeordneter aus Jekaterinburg, der sich mit Gershkovich getroffen hatte, vor Gericht als Zeuge ausgesagt habe. Der Politiker hatte schon zuvor berichtet, dass der US-Bürger sich für militärische Fragen interessiert hätte.

Warnung an westliche Reporter

Gershkovich hatte wie viele westliche Journalisten in Russland mit einer Akkreditierung des Moskauer Aussenministeriums gearbeitet und recherchiert. Danach gab es auch offizielle Warnungen an westliche Reporter, in Kriegszeiten in das für seine Rüstungsindustrie bekannte Jekaterinburg zu reisen.

Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist die Lage im Land besonders angespannt. Vertreter westlicher Medien, die aus offiziell so bezeichneten unfreundlichen Staaten kommen, laufen schnell Gefahr, als Spione denunziert zu werden.