Wechselseitige Vorwürfe von Bund und Ländern in der Corona-Politik
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat die Bundesländer am Dienstag davor gewarnt, sich allzu leichtfertig zu Corona-Hotspots zu erklären, um die Schutzmassnahmen weiterführen zu können - denn bei vorschneller Anwendung drohten ihnen Niederlagen im Falle einer gerichtlichen Anfechtung.
Das Wichtigste in Kürze
- Buschmann formuliert Warnung an Länder - Kritik an Unklarheiten hält an.
Länder und Kommunen warfen dem Bund vor, durch Unklarheiten in dem neuen Infektionsschutzgesetz solche Niederlagen geradezu zu provozieren.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, bekräftigte diesen Kritikpunkt in der «Rheinischen Post» vom Dienstag: Der Bund habe im neuen Infektionsschutzgesetz «keine Kriterien festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Hotspot-Regelung in Betracht kommt». Das Gesetz sieht vor, dass die Landesparlamente einzelne Regionen zu Hotspots erklären können - unter zeitlichen Aspekten sei aber fraglich, ob die Landesparlamente schnell genug Regelungen für einzelne Landkreise verabschieden könnten, sagte Landsberg.
Bundesjustizminister Buschmann wies in der «Bild» vom Dienstag darauf hin, das insbesondere «eine konkrete Gefahr für die Funktionstüchtigkeit des Gesundheitswesens» ein Kriterium sei, um eine Hotspot-Regelung zu rechtfertigen. Er warnte die Länder, von dieser Regelung vorschnell Gebrauch zu machen: Gebe es keine Gefahr für die Funktionstüchtigkeit des Gesundheitswesens, «werden Massnahmen vor den Verwaltungsgerichten scheitern».
Damit schlug Buschmann einen anderen Ton an als Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Dieser hatte die Länder am Vortag aufgerufen, ausgiebig von der Hotspot-Regelung Gebrauch zu machen und dabei auch ganze Bundesländer zum Hotspot zu erklären. Dass Mecklenburg-Vorpommern diesen Schritt bereits getan hat, lobte Lauterbach als vorbildlich.
Die Gesundheitsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Stefanie Drese (SPD), machte klar, dass sie bei der Umsetzung der Regelung in ihrem Land Rückendeckung von der Bundesregierung erwarte. «Ich erwarte schon, dass wir Unterstützung bekommen, wenn wir unseren regionalen Weg hier gehen», sagte Drese am Dienstag im ARD-«Morgenmagazin». Das neue Infektionsschutzgesetz sei für seine Unklarheit kritisiert worden, «aber nun können wir entweder weiter kritisieren oder vor Ort handeln».
Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen dürfen Eindämmungsmassnahmen laut dem neuen Infektionsschutzgesetz nur noch in Hotspot-Regionen angewandt werden. Über die Einstufung müssen dabei die Landtage entscheiden. Bis zum 2. April gilt noch eine Übergangsfrist, in der die Länder ihre bisherigen Regelungen zunächst weiterlaufen lassen dürfen, ohne Hotspot-Entscheidungen zu treffen.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisierte die Corona-Politik der Ampel-Koalition als «fahrlässig». Der Verband forderte eine bundesweite Verlängerung der Maskenpflicht in Geschäften und die Fortsetzung kostenloser Schnelltests. Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz sei «Chaos vorprogrammiert», kritisierte Bentele weiter.
Kritik kam auch aus der Opposition: Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), warf der Bundesregierung in der «Augsburger Allgemeinen» vom Dienstag vor, die Corona-Schutzmassnahmen trotz Rekord-Inzidenzen «ohne praktikablen Ersatz» auslaufen zu lassen. Die Ampel-Koalition provoziere mit der Neuregelung «einen Flickenteppich voller Widersprüche».