Weniger Menschen sterben bei Naturkatastrophen
Die Weltbevölkerung wächst, die Siedlungsdichte nimmt zu. Trotzdem: Immer weniger Menschen kommen bei Naturkatastrophen ums Leben.
Das Wichtigste in Kürze
- 2019 kamen rund 9000 Menschen weltweit bei Naturkatastrophen ums Leben.
- Der rechnerische Durchschnittswert liegt bei 52'000 Naturkatastrophen-Toten pro Jahr.
- Die materiellen Schäden dagegen sind nicht zurückgegangen – und dürften sogar ansteigen.
Bei Naturkatastrophen kommen trotz wachsender Weltbevölkerung und steigender Siedlungsdichte immer weniger Menschen ums Leben. Das ergibt sich aus dem heute Mittwoch veröffentlichten neuen Naturkatastrophenbericht des Rückversicherers Munich Re.
«Erfreulicherweise sterben immer weniger Menschen durch Naturkatastrophen», sagte Ernst Rauch, Chef der Klimaforschung und Geowissenschaften bei dem Münchner Unternehmen.
«Entwicklung gegen Bevölkerungstrend»
2019 verloren rund um den Globus rund 9000 Menschen bei Naturkatastrophen ihr Leben. Der in humanitärer Hinsicht folgenschwerste Sturm des vergangenen Jahres war der Zyklon «Idai», der im März Mosambik, Zimbabwe und Malawi traf und mehr als 1000 Menschenleben forderte.
Im Langfristvergleich der vergangenen drei Jahrzehnte sind dies jedoch niedrige Opferzahlen – der rechnerische Durchschnittswert liegt bei 52'000 Naturkatastrophen-Toten pro Jahr. «Das ist eine Entwicklung gegen den Bevölkerungstrend. Die Welt ist in dieser Hinsicht besser geworden», sagte Rauch.
Für diesen Rückgang gibt es nach Einschätzung des Wissenschaftlers mehrere Gründe. «Ganz entscheidend sind die Warnung der Bevölkerung und die Evakuierung, die wesentlich besser funktionieren als in früheren Jahrzehnten», sagte Rauch.
Nicht zurückgegangen sind die materiellen Schäden. Diese summierten sich im vergangenen Jahr auf 150 Milliarden Dollar, das entspricht dem langjährigen Durchschnitt.
Grosse Schäden in Japan
Auffällig ist nach Einschätzung der Munich Re die Entwicklung in Japan. «Dort hatten wir im zweiten Jahr hintereinander Rekordschäden durch Taifune», sagte Rauch.
Dort seien in manchen Gebieten während des Taifuns Hagibis innerhalb von 24 Stunden mehr als 1000 Milliliter Regen gefallen. Hagibis war mit Schäden von 17 Milliarden Dollar auch die teuerste Naturkatastrophe des vergangenen Jahres.
Zusammenhang mit Klimawandel?
Die Wissenschaft geht der Frage nach, ob derart extreme Niederschläge in Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen. «Ein tropischer Wirbelsturm ist vereinfacht gesagt nur ein sehr intensives Tiefdruckgebiet», sagte Rauch.
«Die Zugbahnen von Tiefs und Hochdruckgebieten haben sich in den vergangenen Jahren verlangsamt. Solche Änderungen können zu risikoreichen Wetterlagen wie Hitzewellen oder langandauernden Starkniederschlägen führen.»
In Mitteleuropa und Nordamerika haben nach den Daten des Unternehmens Hagel und konvektive Ereignisse – das sind Gewitter – in einigen Regionen an Stärke und Häufigkeit zugenommen. «Die Indizienkette geht dahin, dass es sehr wahrscheinlich einen Zusammenhang mit dem Klimawandel gibt.»
Eine weitere Auffälligkeit seien die Feuer in Australien, sagte Rauch. «Dort sind Buschbrände im Sommer nichts Ungewöhnliches, ungewöhnlich sind aber der frühe Start in die Feuersaison und die Dimension.»
Materielle Schäden dürften ansteigen
Ein Rückgang der materiellen Schäden bei Naturkatastrophen ist nach Rauchs Worten nicht zu erwarten – im Gegenteil. «Mit Blick auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte müssen alle Risikoträger davon ausgehen, dass die Schäden aus Naturkatastrophen weiter ansteigen.»
Eine zusätzliche Gefahr sei der Anstieg des Meeresspiegels. «Es wird keine Jahrzehnte mehr dauern, bis dringend Gegenmassnahmen begonnen werden müssen», sagte der Geowissenschaftler.