Wie Londoner aufs Klo gehen – vom «grossen Gestank» zur WC-App
In London bietet ein Toiletten-Fan Führungen zu verschiedenen öffentlichen WCs. Auch das Abwassersystem der Stadt kommt im Rundgang zur Sprache.
Das Wichtigste in Kürze
- In London bietet Rachel Cole-Wilkin Führungen zu verschiedenen Toiletten an.
- Öffentliche Toiletten verschwinden aber zunehmend wegen zu hoher Miete.
Die 29-Jährige Rachel Cole-Wilkin zog vor sieben nach London, um Schauspiel zu studieren. Warum sie nach dem Abschluss blieb? Ihr liegen öffentliche Toiletten am Herzen.
Rachel bietet seit 2012 in London die «Loo Tours» an, Führungen zu stillen Örtchen. Sie zieht durch die Strassen der britischen Hauptstadt, im Schlepptau Menschen, die mehr über Toiletten und die Londoner Kanalisation lernen wollen.
App für Toiletten
Die Briten verlangen umgerechnet oft mehr als 50 Cent pro Klogang. Zu «müssen» ist aber nun mal ein menschliches Grundbedürfnis, dafür Geld zu verlangen, sei falsch, meint sie. Also nahm sie sich vor, jede kostenfreie Toilette der Stadt aufzuspüren. «Ich war wie besessen», sagt sie. Die Mieten in London sind hoch, auch für öffentliche Waschräume. So schliessen immer mehr Toiletten in London ihre Türen.
Damit man in Grossbritannien die Toiletten, die übrig sind, auch findet, haben Rachel und die British Toilet Association (BTA) geholfen, eine Online-Karte für Klos zu erstellen. Für das Zentrum von London gibt es mittlerweile sogar eine App.
Abwasser in die Themse
1865 wurde die Kanalisation Londons fertiggestellt. Damals lebten etwa zwei Millionen Menschen in der Stadt. Mittlerweile kratzt die Metropole an der Neun-Millionen-Marke. Dass mehr Menschen mehr Dreck machen weiss jeder, nur wohin damit wusste in London lange keiner.
Was die Kanalisation nicht packt, wird nun in den Fluss gekippt. Gegenüber des London Eye entsteht gerade eine Art Überlaufbecken in der Themse. In sechs Jahren will man mit dem Bau fertig sein.
The Great Stink
Als die Briten zuletzt so mit der Themse umgingen, verursachten sie «The Great Stink», den grossen Gestank. Durch eine Hitzewelle im Sommer 1858 stank der Fluss so unerträglich, dass die Vorhänge im Parlament in Kalziumchlorid getränkt wurden. Der Bau der Kanalisation wurde von der Regierung innert zwei Wochen beschlossen.
Die «Loo Tour» führt weiter Richtung Savoy Hotel, hinter dem Gebäude steht Londons letzte Strassenlaterne, die noch mit Methan aus den Abwasserkanälen betrieben wird. Etwas Gutes hat das jahrhundertalte System doch.