Britische Abgeordnete streben Gesetz gegen harten Brexit an

Wieder hat das britische Unterhaus vier Mal Nein gesagt. Zehn Tage vor dem neuen Brexit-Termin versucht die EU, die Nerven zu behalten.

Grossbritanniens Premierministerin Theresa May verlässt das britische Unterhaus. Foto: Victoria Jones/PA - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehrere Abgeordnete wollen einen ungeordneten Austritt aus der EU verhindern.
  • Der ungeordnete Brexit droht am 12. April Tatsache zu werden.

Eine überparteiliche Gruppe von Angeordneten im britischen Unterhaus will einen EU-Austritt Grossbritanniens ohne Abkommen per Gesetz verhindern.

Das kündigte die Labour-Abgeordnete und Langzeit-Gegenspielerin von Premierministerin Theresa May, Yvette Cooper, am Dienstag an.

«Wir sind in einer gefährlichen Situation», schrieb Cooper im Kurznachrichtendienst Twitter. May müsse nun einen Plan für eine Verlängerung der Austrittsfrist vorlegen, um einen Brexit ohne Vertrag am 12. April zu verhindern, so Cooper.

Gesetzgebungsverfahren

Dafür könnte bereits am Mittwoch ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden, das Premierministerin Theresa May zum erneuten Antrag bei der EU auf eine Verlängerung der Austrittsfrist zwingen könnte. Den Gesetzesvorschlag veröffentlichte Cooper ebenfalls via Twitter. Fraglich ist jedoch, ob die Zeit für das aufwendige Verfahren ausreicht.

Nach derzeitigem Stand tritt Grossbritannien am 12. April aus der Europäischen Union aus. Sollte bis dahin weder der Austrittsvertrag noch eine Alternative beschlossen sein, droht ein Ausscheiden ohne Abkommen mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche. Das Parlament hat sich bislang sowohl gegen das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen ausgesprochen, als auch gegen einen No-Deal-Brexit. Alle anderen Alternativen wurden aber auch abgelehnt.

Krisensitzung am Dienstag

May hatte am Dienstag ihr Kabinett zu einer Krisensitzung einberufen, um einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse zu suchen. Berichten zufolge könnte die Regierungschefin den Abgeordneten das Austrittsabkommen am Donnerstag ein viertes Mal vorlegen. Ob am Mittwoch wie geplant eine weitere Abstimmungsrunde über Alternativen zu Mays Brexit-Deal stattfinden soll, war zunächst unklar.

Die Gefahr eines Brexits ohne Vertrag wachse von Tag zu Tag, warnte EU-Unterhändler Michel Barnier in Brüssel. Doch gebe es immer noch Auswege, wenn das Unterhaus den Austrittsvertrag billige.

Das britische Parlament hat den von May mit der Europäischen Union vereinbarten
bereits drei Mal abgelehnt. Am Montagabend fanden aber auch vier andere Brexit-Varianten keine Mehrheit. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, die Abstimmungen hätten eine Lösung nicht nähergebracht. «Wir erwarten jetzt die Entscheidungen der britischen Regierung», fügte Juncker in Rom hinzu.

Drei Varianten

Gibt es keinen Konsens, bleiben zwei Möglichkeiten: ein chaotischer Austritt am 12. April oder eine lange Verschiebung. Barnier warb jedoch für eine dritte Variante: Sollte das Unterhaus den Austrittsvertrag in den nächsten Tagen doch noch annehmen, könnte der für kommende Woche geplante EU-Sondergipfel eine kurze Verschiebung beschliessen, die noch vor der Wahl endet, die vom 23. bis zum 26. Mai läuft.

Zu dem Abkommen gebe es ohnehin keine Alternative: «Wenn Grossbritannien die EU immer noch auf geordnete Art und Weise verlassen will, ist und bleibt diese Vereinbarung die einzige», sagte Barnier. «Der einzige Weg, einen No-Deal zu vermeiden, wird ein positives Votum sein.»

Vierte Abstimmung

In London gilt als wahrscheinlich, dass May das Abkommen diese Woche den Abgeordneten noch ein viertes Mal zur Abstimmung vorlegt. So hatte es Brexit-Minister Stephen Barclay am Montagabend nach den ergebnislosen Abstimmungen angedeutet.

Da Abgeordnete von Mays Konservativer Partei, ihres parlamentarischen Partners DUP und der Opposition bisher aus ganz unterschiedlichen Gründen dagegen sind, könnten Zugeständnisse vielleicht doch noch eine Zustimmung sichern. Die Forderung nach einem Verbleib in einer Zollunion mit der EU verfehlte am Montagabend nur ganz knapp eine Mehrheit.