Wind-Abstandsvorgaben sorgen für Zoff in der Koalition

Der Windkraft-Ausbau stockt - das hat verschiedene Gründe. Aber geplante Regeln für den Abstand zwischen Windrädern und Häusern werden zu einer Art Symbol für den Umgang der Politik mit der Branche. In der Koalition sind die Fronten hart.

Ziemlich nah beieinander: Windräder und Einfamilienhäuser nahe Nauen in Brandenburg. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die SPD im Bundestag geht beim Streit um einen deutschlandweiten Mindestabstand von Windrädern zu Wohnhäusern auf Konfrontationskurs zur Union.

«Eine Abstandsregelung von 1000 Metern zu Wohnsiedlungen bei mehr als fünf Häusern ist mit der SPD nicht zu machen», sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der Deutschen Presse-Agentur. «Wir wollen Windkraft an Land, um die Energiewende voran zu bringen.» Es müsse klar werden, wie das Ziel von 65 Prozent Ökostrom im Jahr 2030 erreicht werden könne.

Derzeit gibt es heftigen Streit um eine Regelung in einem Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Dass generell künftig 1000 Meter Abstand sein sollen zwischen Windrädern und Wohnsiedlungen, hat das gesamte Bundeskabinett beschlossen. In dem Entwurf soll aber festgelegt werden, dass dies schon bei mehr als fünf Häusern greifen soll, die zusammenhängend gebaut sind - und der Abstand auch von Grundstücken eingehalten werden muss, auf denen erst noch gebaut werden kann.

Der Ausbau der Windkraft an Land ist in diesem Jahr fast zum Erliegen gekommen. Hauptgründe sind lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen von Anwohnern. Die Branche befürchtet nun, die geplante Regelung könne die Ausbaukrise weiter verschärfen. Länder und Kommunen sollen allerdings entscheiden können, sie nicht anzuwenden. Befürworter argumentieren, damit lasse sich die Akzeptanz vor Ort vergrössern. Eine Sprecherin Altmaiers verwies darauf, dass die 1000-Meter-Regel von der Bundesregierung im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 beschlossen worden sei.

Das Bundesumweltministerium von Svenja Schulze (SPD) hob dagegen hervor, dass dies kein Anliegen des Umweltressorts gewesen sei. Man sei aber «selbstverständlich vertragstreu». Jetzt werde über die Ausgestaltung diskutiert. Wie viele Häuser massgeblich seien, mache einen grossen Unterschied bei der Verfügbarkeit von Flächen. Das Umweltbundesamt teilte am Mittwoch generell mit: «65 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 wären in Deutschland bei Einführung eines Mindestabstands von 1000 Metern zu Wohnbebauung nicht erreichbar.»

Viele Länder haben schon Abstandsregelungen für den Bau von Windrädern. Die schärfste gilt in Bayern mit der 10-H-Regelung - demnach muss der Abstand eines Windrades von Wohnsiedlungen mindestens zehn Mal so weit sein wie die Anlage hoch ist. Bei einer Höhe der Anlage von 200 Metern zum Beispiel wären das 2 Kilometer.

Der klimapolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Lorenz Gösta Beutin, sagte der dpa, es dürften auf keinen Fall feste Abstandsregeln eingeführt werden. Stattdessen müsse durch Beteiligung der Kommunen an den Gewinnen der Windenergie über eine Konzessionsabgabe für mehr Akzeptanz bei den Menschen gesorgt werden.

Das Ziel der Bundesregierung lautet, den Anteil des Ökostroms am Stromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent zu steigern - es soll mit dem Entwurf, der auch die Abstandsregeln enthält, vom Beschluss im Koalitionsvertrag in ein Gesetz überführt werden. In den ersten neun Monaten dieses Jahres lag der Anteil bei rund 43 Prozent.