Grippe: Viren stammen laut Studie von Spanischen Grippeviren ab
Der saisonale H1N1-Grippevirus stammt laut Angaben einer neuen Studie direkt von Viren der Spanischen Grippe.
Das Wichtigste in Kürze
- Das H1N1-Grippevirus stammt höchstwahrscheinlich vom Erreger der Spanischen Grippe ab.
- Dies geht aus Genomanalysen aus alten Proben aus dem Lungengewebe von Grippetoten hervor.
- Die saisonalen H1N1-Erreger sind somit keine Rekombination aus diversen Viren.
Der H1N1-Grippevirus hat seinen Ursprung in der Spanischen Grippe. Das beweist eine veröffentlichte Studie am Dienstag, in der erstmals ganze Genome aus Europa sequenziert werden konnten.
In den Jahren 1918 und 1919 wütete die Spanische Grippe weltweit. Sie kostete schätzungsweise zwischen 50 und 100 Millionen Menschen das Leben. Allein in der Schweiz forderte die Seuche 25'000 Menschenleben.
Dass die schlimmste Pandemie des 21. Jahrhunderts durch ein Virus verursacht wurde, vermuteten Fachleute bereits zum Höhepunkt der Grippepandemie. Molekulare Analysen in den 1990er Jahren ergaben, dass es sich beim Erreger um das Influenza-A-Virus vom Subtyp H1N1 handelte.
Ein internationales Forschungsteam um Sébastien Calvignac-Spencer vom Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin liefert nun weitere wertvolle Erkenntnisse zum Spanischen Grippeerreger. Demnach ist der Grippestamm der 1918-Influenza sehr wahrscheinlich noch heute unter uns.
Dies legen Genomanalysen aus alten Proben aus dem Lungengewebe von drei Grippetoten nahe. Das widerspreche der gängigen Annahme, dass die saisonal zirkulierenden H1N1-Erreger durch Rekombination von verschiedenen Viren entstanden seien. Dies berichten die Forschenden im Fachblatt «Nature Communications».
These untermauert
Das genetische Material des Influenzavirus gewannen die Forschenden aus Lungenproben. Diese wurden im Medizinhistorischen Museum der Charité in Berlin und im Naturhistorischen Museum in Wien aufbewahrt. Es gelang ihnen, daraus ein Genom vollständig und zwei teilweise zu sequenzieren.
Eine Studie von 2005 deutete darauf hin, dass das saisonale Grippevirus ein direkter Nachfahre des Grippestamms von 1918 sein könnte. Es sei aber das erste Mal, dass dies mit Proben von Grippetoten in Europa nachgewiesen und somit untermauert werden konnte. Dies sagte die Mitautorin und Paläogenetikerin Verena Schünemann von der Universität Zürich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Grippe: Virus passt sich besser an Menschen an
Zudem ermöglichten die Genomanalysen einen Einblick in die Dynamik der Pandemie, die in mindestens zwei Wellen verlief. Während der ersten Ansteckungswelle im Frühjahr 1918 erkrankten zwar sehr viele Menschen, aber relativ wenige starben. Im Herbst nahm jedoch eine weitere, viel tödlichere Welle ihren Lauf.
«Wir fanden Hinweise, dass sich das Virus zwischen den beiden Wellen besser an seinen Wirt angepasst haben könnte». Dies sagt Schünemann. Insbesondere im Nukleoprotein-Gen gebe genetische Mutationen, die dem Virus erlaubten, besser sich an die menschliche Immunantwort anzupassen.