Unispital Genf nutzt Künstliche Intelligenz bei Krebsbehandlung
Das Unispital Genf nutzt Künstliche Intelligenz bei der Behandlung von Krebspatienten.
Das Unispital Genf nutzt Künstliche Intelligenz bei der Behandlung von Krebspatienten. «Watson for Genomics» soll Mediziner unterstützen, die individuell beste Therapie zu ermitteln. Das Tool spart insbesondere Zeit bei der Analyse und liefert wichtige Zusatzinfos.
Die personalisierte Medizin verspricht, die individuell bestmögliche Therapie für jede Patientin und jeden Patienten zu finden. Anhand von Mutationen im Erbgut der Tumorzellen lässt sich der Tumor qualifizieren und dadurch bestimmen, welche Therapien am vielversprechendsten wären.
Unterstützung dabei bekommen Ärzte am Universitätsspital Genf (HUG) künftig von «Watson for Genomics»: Das auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Tool von IBM Watson Health verknüpft Informationen aus dem riesigen Datenpool aus Fachartikeln und klinischen Studien mit Erbgutanalysen des Tumors eines Patienten und erstellt daraus einen Bericht für Ärzte, teilte das HUG am Mittwoch mit.
Das HUG sei damit das erste europäische Universitätsspital, das «Watson for Genomics» einsetzt, hiess es weiter. Es werde den Ärzten am HUG helfen, individuellere Krebsbehandlungen anzubieten, liess sich Rodolphe Meyer, stellvertretender Chief Information Officer am HUG zitieren. Ausserhalb Europas, insbesondere in den USA, wird dieses Tool bereits mancherorts eingesetzt.
Die KI soll insbesondere eine Zeitersparnis bei der Suche nach der bestmöglichen Therapiestrategie bringen: Das Tool erstelle den Bericht binnen zehn Minuten, eine manuelle Suche würde rund 160 Stunden in Anspruch nehmen, sagte Nathan Levitan von IBM Watson Health.
Das Unternehmen hat verschiedene KI-basierte Tools für personalisierte Medizin entwickelt. In Kritik geriet dabei «Watson for Oncology» nach Berichten, dass das Tool falsche oder gar gefährliche Therapievorschläge produziere. Dieses Tool soll mittels Textanalyse aus medizinischer Fachliteratur und den Patientenakten lernen und Therapiestrategien entwickeln.
Die Datengrundlage erwies sich jedoch als sehr komplex für die Analyse durch die KI. Gerade in Patientenakten liegen die Informationen nicht immer so klar vor, wie es eine KI bräuchte.
Zudem zeigte sich als Hürde, dass sich die auf Statistik beruhende «Denkweise» der KI, um Datenmengen zu durchforsten und Informationen zu gewichten, von der eines erfahrenen Mediziners unterscheidet. Letzterer findet relevante Information für Therapieentscheide mitunter in einem Nebensatz oder bemerkt, dass sein Patient so einer kleinen Gruppe von Sonderfällen gehört, bei denen eine Therapie wirksam ist. Für eine nach Statistik-gewichtende KI sind Sonderfälle hingegen nicht relevant.
Bei «Watson for Genomics» liegt der Fall etwas anders: Genomische Daten sind weit strukturierter als Patientenakten. Genmutationen sind unmissverständlich vorhanden oder nicht. Durch Textanalyse («Natural Language Processing») durchforstet das Tool Fachliteratur und klinische Studien nach bestimmten Aussagen zu diesen Mutationen und lenken so womöglich die Aufmerksamkeit auf neue Medikamente oder gerade begonnene klinische Studien, von denen ein Patient oder eine Patientin profitieren könnte.
In einer Studie im Fachblatt «The Oncologist» aus dem Jahr 2017 lieferte die «Watson for Genomics»-KI bei rund 30 Prozent von etwa 1000 Patienten wertvolle Zusatzinformationen, die Fachleuten bei der Analyse der Mutationen und der Entwicklung einer Therapiestrategie entgangen waren. Eine Studie aus dem Jahr 2018 im Fachblatt «Frontiers in Medicine» bestätigte dies: Bei einer Analyse mit knapp 200 Patienten schlug das Tool 88 der 104 Therapieoptionen vor, die auch von Fachleuten gelistet wurden, aber lieferte zusätzliche 225 Therapieoptionen.