Forscher finden Gen, das Vertrauen schafft

Wissenschaftler haben vor Kurzem ein «Vertrauens-Gen» entdeckt. Wer es besitzt, vertraut Fremden nicht nur mehr, sondern ist deshalb auch gesünder.

Ob man anderen Menschen einfach vertraut, könnte in der DNA festgesetzt sein. - Unsplash

Das Wichtigste in Kürze

  • Forschende zeigen in einer Studie, dass ein Gen mit Vertrauen assoziiert werden kann.
  • Dieses könnte der Schlüssel für ein gesünderes und längeres Leben sein.

In einer Welt voller Misstrauen und Spaltung könnte ein neu entdecktes Gen der Schlüssel zu besserer Gesundheit sein. Forscher haben herausgefunden, dass Menschen, die anderen leicht vertrauen können, tendenziell gesünder sind.

Jahrzehnte lang ging man davon aus, dass Vertrauen lediglich auf sozialen und psychologischen Strukturen basiert. So lautete beispielsweise eine Theorie: Wenn man in seinen ersten Lebensjahren positive Erfahrung mit Fremden macht, so vertraut man diesen auch im späteren Leben.

Doch wie ein internationales Forscherteam kürzlich in der Fachzeitschrift «Scientific Reports» erklärte, war das zu einfach gedacht. Denn ob wir anderen Menschen einfach vertrauen, könnte tief in unserer DNA verwurzelt sein.

Verbindung zwischen Vertrauen und guter Gesundheit

Diese Entdeckung ist von grosser Bedeutung: Studien zeigen nämlich auf, dass Menschen mit einem hohen Mass an Vertrauen länger leben. Ausserdem sind sie auch gesünder als ihre skeptischeren Mitmenschen. Insbesondere weisen sie ein deutlich geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf.

«An dieser Stelle kommt meine Forschungsarbeit ins Spiel», erklärt Wissenschaftler Guiseppe Giordano auf der Website «The Conversation». Er forscht an und unterrichtet über genetische und molekulare Epidemiologie an der Universität Lund in Schweden.

Wenn man das Gen PLPP4 besitzt, kann man um rund 6 Prozent stärker vertrauen. - Unsplash

«In meiner jüngsten Studie mit 33'882 dänischen Blutspendern konnten wir ein einzelnes Gen identifizieren.» Dieses trägt die Bezeichnung PLPP4 und sei «stark mit dem Merkmal Vertrauen assoziiert». Jemand, der es besitzt, vertraut rund 6 Prozent stärker als jemand ohne das Gen, der in ähnlichen Umständen aufgewachsen ist.

Dies klingt nach einer geringen Zahl, was jedoch nicht der Fall ist. So liegt der genetische Einfluss von Übergewicht in Europa lediglich bei 0,34 Prozent. Dieser hat wissenschaftlich nachgewiesen aber durchaus bedeutende Auswirkungen.

PLPP4 schwächt Fight-or-Flight-Reaktion ab

Es ist verlockend, zu spekulieren, dass eine Manipulation dieses Gens das Vertrauen und gleichzeitig die Gesundheit erhöhen könnte. «Doch ich warne vor solch simplen Interpretationen», erklärt Giordano. Das Gen spiele wahrscheinlich eher eine Rolle bei der Gestaltung von Gehirnkreisläufen.

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Giordano ist der Meinung, dass dies insbesondere im Zusammenhang mit der Produktion von Stresshormonen steht. In einer gefährlichen Situation schüttet der Körper diese aus – dies wird auch als «Fight-or-Flight»-Modus («Kampf oder Flucht») bezeichnet. «Wir vermuten, dass das PLPP4-Gen diesen Mechanismus möglicherweise abschwächt», spekuliert Giordano.

Während der Fight-or-Flight-Modus kurzfristig überlebenswichtig sein kann, schwächt er auf lange Sicht die Gesundheit. Wenn die Reaktion bei Vertrauensfragen oft ausgelöst wird, kann das also zu einer Krankheitsbelastung führen.

Zusammenhang zwischen Genetik & Verhalten

Die Entdeckung des Gens zeigt abermals auf, dass man Wissenschaft nicht zu einfach denken sollte: Es gibt eine Verbindung zwischen Gesellschaft, sozialem Verhalten und auch Genetik.

Die Wissenschaftler wollen nun weiter an dem «Vertrauensgen» forschen und das komplexe Zusammenspiel zwischen Genetik, Vertrauen und Gesundheit entwirren. Wenn du das nächste Mal mit einer Vertrauensfrage konfrontiert wirst, kannst du nun die gesündere Entscheidung treffen: nämlich die, deinem Gegenüber Vertrauen zu schenken.