19'000 geplante Eingriffe in zweiter Covid-19-Welle verschoben

Landesweit sind seit November bei etwa 19'000 Patientinnen und Patienten geplante medizinische Eingriffe verschoben worden.

Ein Mitarbeiter des Gesundheitswesens schaut in einem Spital neben einem Schild mit der Aufschrift «Covid-19» – Coronavirus – aus dem Fenster einer Intensivstation. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit November sind hierzulande rund 19'000 medizinische Eingriffe verschoben worden.
  • Verantwortlich ist die zweite Corona-Welle.
  • Die Intensivstationen kamen während dieser Zeit an ihre Grenzen.

Landesweit sind seit November bei etwa 19'000 Patientinnen und Patienten geplante medizinische Eingriffe verschoben worden. Grund ist die zweite Welle der Covid-19-Pandemie. Diese brachte die Intensivstationen an die Grenze.

Normalisieren dürfte sich die Lage bei den Intensivbetten erst ab dem 10. Februar, wie die wissenschaftliche Corona-Task-Force des Bundes in einem Bericht vom Mittwoch festhält. Üblicherweise liegen etwa 600 Patienten auf den Intensivstationen. Dieser Durchschnitt überschnitt im November die Schwelle von 865.

Damit überstieg er die Zahl der in der Schweiz zertifizierten Intensivbetten mit garantierter Versorgungsqualität. Zur Bewältigung der Pandemie stellten die Spitäler zusätzliche, nicht zertifizierte Betten bereit. So verfügt die Schweiz aktuell gemäss der Task Force über rund 1400 betriebsfähige Betten.

Weniger Verlegungen auf Intensivstationen

Historisch ist nicht erwiesen, dass die Intensivstationen eine solche Belegung bewältigen können. Den Erkenntnissen gemäss funktionieren die Spitäler seit einigen Monaten am Rande der Auslastung.

Die Task Force analysierte aufgrund dieser Lage zwei Konsequenzen. Die von nicht Covid-19-Patienten belegte Zahl der Intensivbetten für Planeingriffe oder Notoperationen sank von etwa 600 auf noch 300 im Herbst. So wurden nach Schätzung des Expertengremiums seit Beginn der zweiten Welle ungefähr 19'000 normalerweise operierte Patienten nicht in die Intensivstationen verlegt.

Medizinisches Personal kümmert sich auf der Intensivstation im Universitätsspital Basel um am Coronavirus erkrankte Patienten. - dpa

Das kann sich «natürlich, je nach Art des Leidens und der Natur der geplanten Eingriffe, durchaus negativ auf die Gesundheit» auswirken, schreibt die Task Force. Die Einschätzung der Experten deckt sich mit den von den Wartelisten der Universitätskliniken. Hinzugezählt werden müssen auch Behandlungen, die aufgeschoben wurden, um die Standardbetten in den Spitälern freizuhalten.

Zweitens legt die Analyse nahe, dass viele Covid-19-Patienten aufgrund einer informellen Triage nicht auf die Intensivstationen verlegt wurden. Die Task Force stützt diese Hypothese mit der Halbierung der Aufnahme von Covid-19-Patienten in die Intensivstationen. Im Sommer kamen 22 Prozent dieser Kranken in Intensivpflege, in der zweiten Welle noch zehn Prozent.

Sterbealter nimmt zu

Eine andere Erklärung könnte sein, dass einfach weniger schwere Fälle auftraten. Einen möglichen Grund hierfür sieht die Task Force in einer verbesserten Behandlung, etwa mit Dexamethason, einem Immununterdrücker und Entzündungshemmer ähnlich Kortison. Weiterer Erklärungsansatz könnte das jüngere Alter der Erkrankten sein.

Zwei Tatsachen widerlegen diese Annahmen aber gemäss der Task Force. Das durchschnittliche Sterbealter stieg von 82 auf 84 Jahre, und das Verhältnis der Covid-19-Todesfälle zu den Spitaleinweisungen verdoppelte sich zwischen Sommer und Herbst von unter einem auf über zwei Prozent.

Damit geht die Task Force wegen der Überbelegung von einer informellen Triage im Spital aus, bei der einigen Patienten die notwendige Intensivpflege verwehrt wurde. Davon dürften auf dem Höhepunkt der zweiten Welle ungefähr zwölf Prozent aller Patientinnen und Patienten betroffen gewesen sein. Diese Annahme basiert auf der Prämisse, dass die 22 Prozent der Covid-19-Kranken in Intensivpflege der Normalsituation mit ausreichender Versorgung entsprechen.