Bucheggplatz: Baustelle besiegelt Ende von Quartiercafé
Nach sieben Jahren ist Schluss für das Containercafé «Kumo6». Die Betreiberinnen hätten den Bucheggplatz nach der Sanierung gerne weiter belebt.
Das Wichtigste in Kürze
- Sieben Jahre lang existierte auf dem Zürcher Bucheggplatz das «Kumo6».
- Doch jetzt ist damit Schluss: Die Stadt benötigt die Fläche für Sanierungsarbeiten.
- Die Betreiberinnen sind enttäuscht.
Von allen Seiten rauscht der Verkehr unter der «Spinne» hindurch. Die rot angestrichene Fussgänger-Überführung ist das Hauptmerkmal des Bucheggplatzes. Sie macht es einem möglich, das «Verkehrsmonstrum», wie die NZZ den Platz einst nannte, grossräumig zu umgehen.
Auf bis zu vier Spuren umrunden Autos, Lastwagen und Busse den Kern, der hauptsächlich aus Haltestellen besteht. Umsteigen, ja. Verweilen, nein.
Besserung sollte ein Quartiercafé bringen, eine Initiative von drei Anwohnerinnen des Bucheggplatzes. Sieben Jahre lang kämpften sie um den Erhalt vom «Kumo6», nun ist Schluss. Ende Oktober wurde der ehemalige Schiffscontainer abtransportiert.
Die Fläche wird für die Sanierung der «Spinne» gebraucht, lautet das Argument der Stadt. Für die Betreiberinnen endet damit eine Ära – obwohl sie das Café nach den Bauarbeiten gerne weitergeführt hätten.
Stadt lässt Betreiberinnen in Ungewissheit
«Ich hoffe, die Sanierung wird wirklich so gross wie angekündigt und beinhaltet nicht nur kleine Anpassungen», sagt Lena Stauffer. Sie gründete das Café gemeinsam mit Ronja Sakata und Manuela Cagienard im Jahr 2017. Zwar sei von Anfang an klar gewesen, dass das Projekt befristet ist, doch der Pachtvertrag wurde von der Stadt immer wieder verlängert. In den letzten Jahren habe sich das «Kumo6» zum beliebten Quartiertreffpunkt entwickelt, so Stauffer.
Auch dieses Mal hätten sie viele Hebel in Bewegung gesetzt, um den Bucheggplatz weiterhin für die Bevölkerung attraktiv zu gestalten. Doch das Tiefbauamt benötige die betonierte Fläche, um Maschinen abzustellen und Baumaterial zu lagern, erklärt Stauffer. Über drei Jahre hätten sie den Container zwischenlagern müssen.
Eine lange Zeit, zumal die Stadt ihnen nicht garantieren konnte, dass sie den Betrieb nach den Bauarbeiten wieder aufnehmen dürfen. Stattdessen sollen die späteren Pächterinnen oder Pächter durch einen Wettbewerb ermittelt werden.
Über diese Vorgehensweise zeigt sich Stauffer enttäuscht. Sie hätte sich mehr Unterstützung gewünscht: «Statt sich dafür einzusetzen, ein bereits etabliertes Projekt weiterzuführen, lässt einen die Stadt mit einer grossen Ungewissheit zurück.» Die ehemaligen Betreiberinnen rechneten sich beim Konkurrenzverfahren nur geringe Chancen aus. Frühere Fälle aus der Zürcher Gastronomieszene hätten gezeigt, dass sich die Stadt tendenziell für grössere Unternehmen statt Personen aus dem Quartier entscheiden würde, kritisiert Stauffer.
Jahrelanges Ringen um Raum
Das Tiefbauamt weist die Vorwürfe zurück: Eine Zusage an die bisherigen Betreiberinnen für die Zeit nach den Sanierungsarbeiten sei nicht möglich, weil dafür eine neue öffentliche Ausschreibung erfolgen müsse, führt die zuständige Mediensprecherin Evelyn Richiger aus. So wie dies im Jahr 2016 ebenfalls der Fall gewesen sei.
Neben einem neuen Imbiss soll auch die Sanierung der Fussgängerüberführung und ein neues Lichtkonzept den Bucheggplatz aufwerten. Laut Richiger sind auch Massnahmen für die Verbesserung des Fuss- und Veloverkehrs angedacht. Diese seien jedoch noch in Planung.
«Uns ging es nicht darum, mit dem Café reich zu werden, sondern die Partizipation im Quartier zu verbessern»
So oder so wird der Bucheggplatz künftig ohne «Kumo6» auskommen müssen. Für die Betreiberinnen endet damit auch das Ringen um Raum. Mehrmals stand das Container-Café vor dem Aus. Auch, weil es finanziell stets eng war.
Mehrere Hundert Franken Miete sowie die Abgaben für den Anschluss an Strom und Wasser mussten sie laut Stauffer der Stadt monatlich bezahlen. Hinzu kamen regelmässige Ausgaben für die Bewilligungsverfahren, die sie in den sieben Jahren während ihres Bestehens gleich mehrmals beantragen mussten.
«Jedes Mal, wenn wir länger bleiben durften, mussten wir den Container neu bewilligen lassen», so die frühere Pächterin. Ein aufwendiges und teures Unterfangen.
Stauffer versteht nicht, weshalb die Stadt bei unkommerziellen Nutzungen wie dem «Kumo6» keine Sonderregelungen erlässt, die den Betreiberinnen das Leben vereinfachen würden.
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«Uns ging es nicht darum, mit dem Café reich zu werden, sondern die Partizipation im Quartier zu verbessern und den Bucheggplatz aufzuwerten und zu beleben. Das wäre doch eigentlich im Sinn der Stadt», so Stauffer. Sie findet deshalb, dass solche Projekte Geld erhalten statt abdrücken sollten.
Baubewilligungen und Konzession zur Nutzung des öffentlichen Grundes seien standardisiert, «die für alle gleich abgewickelt werden müssen», heisst es vonseiten Tiefbauamt.
Aber: «Wir haben uns über die Initiative der Betreiberinnen gefreut und waren mit ihnen in regelmässigem Austausch», so Evelyn Richiger.
Ein kleines Happy End gibt es in der Geschichte trotzdem noch: Der Container hat bereits eine neue Aufgabe gefunden. Abnehmerin ist die Gemeinde Regensdorf. Auf dem Zentrumsplatz soll er bald als soziokultureller Anlaufpunkt dienen.
Sie seien glücklich über diese Lösung, sagt Lena Stauffer. «Wir haben sieben Jahre lang um das ‹Kumo6› gekämpft. Nun ist es an der Zeit, dass wir das Kapitel schliessen.»
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Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst bei «Tsüri.ch» erschienen. Autorin Isabel Brun ist Redaktorin beim Zürcher Stadtmagazin.