Coronavirus: Basler Virenexperte besorgt über Briten-Mutation
In Grossbritannien ist eine Mutation des Coronavirus aufgetreten. Die neue Variante scheint sich schneller zu verbreiten. Ein Basler zeigt sich besorgt.
Das Wichtigste in Kürze
- Corona-Mutationen sind in Grossbritannien und Südafrika nachgewiesen worden.
- Ein Basler Virenexperte erklärt, wie sich der neue Typ so schnell verbreiten kann.
- Es könnte sein, dass die Mutation «alle anderen Coronaviren verdrängen» wird.
In Grossbritannien und Südafrika sind Mutationen des Coronavirus aufgetaucht. Während London kurzfristig einen Shutdown verhängte, schlossen andere Länder ihre Grenzen für die jeweiligen Reisenden. Auch der Bundesrat lässt Gäste aus England oder Südafrika nicht mehr einreisen. Kurz vor dem Impf-Durchbruch dämpft die Mutation nun die Hoffnung auf Besserung.
Auch der Basler Virenexperte Richard Neher ist besorgt. Der Bioinformatiker weicht seit Tagen nicht mehr von seinem Arbeitsplatz. Die neue Variante des Coronavirus würde ihn faszinieren, sagt Neher im Interview mit dem «Spiegel».
Passt sich Coronavirus an den Menschen an?
Es würde viele Mutationen in relevanten Teilen des Genoms aufweisen. «Deswegen müssen wir dringend verstehen, wie sie sich ausbreiten und wie es dazu gekommen ist.» Neher arbeitet als Forschungsgruppenleiter am Biozentrum der Universität Basel. In seiner bisherigen Karriere forschte der 41-Jährige insbesondere an HI- und Influenzaviren.
Dass Viren mutieren, ist völlig normal, meint Neher. Die Mutationen aus Grossbritannien und Südafrika seien dabei nicht identisch. Allerdings lasse sich eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen. «Das lässt uns glauben, dass sich das Virus in beiden Fällen tatsächlich an den Menschen angepasst hat.»
Auch wenn Viren-Mutationen gängig und meist unbedeutend seien, würde die Situation nun etwas anders aussehen. Speziell an den Oberflächenproteinen gäbe es viele Mutationen. In beiden Fällen habe sich die neue Coronavirus-Variante extrem schnell ausgebreitet. Es sei davon auszugehen, dass sich die neue Variante schneller ausbreite, so Neher.
Ist die Impfung nun wirkungslos?
«Es gibt in der Tat Grund zur Sorge. Aber man muss auch betonen, dass wir über wenige harte Fakten verfügen», sagt der Experte. Neher geht davon aus, dass sich die neue Variante des Coronavirus durchsetzen könnte. «Es kann durchaus passieren, dass eine Variante alle anderen verdrängt.»
Auch für die künftige Impfung von Biontech/Pfizer könnte dies problematisch werden. Die Mutation betrifft nämlich die Spike-Proteine des Coronavirus. Das Immunsystem soll mit dem Impfstoff aber auf genau diese Andock-Proteine trainiert werden. Der Haken: Der Impfstoff basiert auf einer «veralteten» Version des Virus.
Neher rechnet in nächster Zeit nicht damit, dass der Impfstoff deshalb völlig unwirksam werden könnte. «In den kommenden zwei, drei Jahren erwarte ich nicht, dass sich die Eigenschaften des Virus sehr stark ändern.»
Weitere Einschränkungen könnten sinnvoll werden
Angesprochen auf die Tödlichkeit des Virus kann Neher keine Entwarnung geben. Er gehe nicht davon aus, dass die Mutation zu einfacheren Krankheitsverläufen führe.
Dadurch, dass sich die Mutation rascher verbreite, seien weitere Kontaktbeschränkungen möglicherweise sinnvoll, sagt Neher gegenüber «Spiegel». Die Regeln würden derzeit noch nicht ausreichen, was zu weiteren Einschränkungen führen könnte. «Wenn sich diese Variante nun schneller verbreitet, muss man noch mehr Kontakte verhindern.»