Coronavirus: Epidemiologin hält Quarantäne-Verkürzung für riskant
Mehr Tests auf das Coronavirus und kürzere Quarantäne, fordert Ueli Maurer. Eine Epidemiologin hält dagegen: Die verkürzte Quarantäne sei eine schlechte Idee.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrat Ueli Maurer fordert mehr Tests und weniger Quarantäne-Tage.
- Epidemiologin Nicola Low gibt ihm in manchen Punkten recht.
- Eine verkürzte Quarantäne sei jedoch keine gute Idee.
Wer aus einem Risikogebiet oder -land wieder zurück in die Schweiz kehrt, muss zehn Tage in Quarantäne. Bundesrat und Finanzminister Ueli Maurer fordert, dass negativ getestete Personen nicht mehr die vollen zehn Quarantäne-Tage absitzen müssen.
Dies, damit diese Personen so schnell wie möglich wieder «in die Wirtschaft, an den Arbeitsplatz» geschickt werden können.
In mehreren Nachbarländern ist eine Diskussion um eine Verkürzung der Quarantäne auf sieben Tage im Gang. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erklärte bislang, es gebe keine neuen Daten, die zeigen würden, dass eine Verkürzung sicher wäre.
Die Berner Epidemiologin Nicola Low hinterfragt die Variante von Maurer kritisch, sieht aber auch Vorteile. Eine abschliessende Antwort gäbe es jedoch noch nicht.
Tests sollen aktiver durchgeführt werden
In einem Punkt gibt die Taskforce-Expertin Bundesrat Maurer recht: Mehr Tests schaden nicht. «Es gibt gute epidemiologische Gründe, Tests auf das Coronavirus aktiver einzusetzen, um Präventionsmassnahmen zu verstärken und Übertragungsketten zu unterbrechen.»
Jedoch sollte man die Empfehlungen der Taskforce nicht leichtfertig abändern, findet Low. Viel eher solle der Bund «jetzt damit beginnen, diese Daten zu sammeln.» Dies, damit man eine «evidenzbasierte Entscheidung für die Schweiz treffen könne».
Der Vorschlag Maurers ist natürlich mit grossem Mehraufwand an Tests und Contact Tracing verbunden. Würde sich das also überhaupt lohnen? «Wirksame Prävention lohnt sich immer, für die Gesundheit, für die Gesellschaft und für die Wirtschaft. Die Kosten für ein wirksames Test-Trace-Isolation-Quarantänesystem werden immer viel billiger sein als die Kosten für einen Lockdown.»
Falsche negative Ergebnisse bei Coronavirus möglich
Skeptisch betrachtet Low hingegen ein verkürztes Quarantäne-Ende. «Ein einziger negativer Test auf Coronavirus liefert nicht viele nützliche Informationen.» Denn diese könnten schnell mal zu Beginn der Quarantäne falsche negative Testergebnisse liefern.
Dies hänge mit der Inkubationszeit zusammen, so Low. «Falsch-negative Ergebnisse treten besonders häufig zu Beginn der Infektion auf. Also dann, wenn Menschen zwar infektiös sind, aber noch keine Symptome entwickelt haben.»
Der Vorteil bei Tests zu Beginn der Quarantäne wäre gewesen, dass man mehr Daten hätte sammeln können, findet Low. So hätte man vergleichen können, wie sich die Infektionen durch das Coronavirus innerhalb der Quarantäne verändert hätten.
7-Tage-Quarantäne ist zu kurz
Frankreich hat hier eine andere Lösung gefunden. Am vergangenen Freitag hat das Land die Quarantäne-Zeit von zehn auf sieben Tage verkürzt. Denn dann wäre ja das reale Infektions-Risiko vorbei, so das Gesundheitsministerium. Somit ist Frankreich das erste Land Europas, das die Quarantäne verkürzt.
Der Corona-Delegierte beim BAG, Stefan Kuster, steht einer verkürzten Quarantäne kritisch gegenüber. Bei einer Verkürzung würden viele Leute, die infiziert seien, «verloren» gehen, sagte Kuster im Nau.ch-Interview.
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Nau.ch - Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten beim BAG, erklärt die weiterhin 10 Tage andauernde Quarantänezeit.
Low findet Frankreichs neue Regelung gar nicht so abwegig. Eine siebentägige Quarantäne würde dann Sinn ergeben, wenn die Zahl der infektiösen Personen gering sei. Und «wenn dies bedeutet, dass mehr Menschen die Quarantäne akzeptieren und in ihr bleiben. Wir können und sollten diese Ergebnisse messen.»