Coronavirus: Experte fordert einheitliches Handeln der Polizei
Zwei Demonstrationen, zwei unterschiedliche Polizei-Reaktionen. Für Experte Dirk Baier untergräbt dies die Glaubwürdigkeit der Massnahmen gegen das Coronavirus.
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Drone Air Media - Impressionen der Demonstration.
Das Wichtigste in Kürze
- In Bern und Liestal wurden am Samstag die Corona-Demonstranten unterschiedlich behandelt.
- In Bern wurden Hunderte Anzeigen verteilt, in Liestal gerade mal 12.
- Für Sicherheitsexperte Dirk Baier unterhöhlt dies die Glaubwürdigkeit der Massnahmen.
In der Schweiz gab es am Samstag zwei Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen. In Bern und in Liestal BL. Doch die beiden Proteste wurden von den jeweiligen Polizeikorps unterschiedlich behandelt.
Während die Berner rigoros durchgriffen und die Demonstration bereits im Keim erstickt wurde, liess man sie in Liestal gewähren. In Bern verteilte die Polizei rund 600 Anzeigen, in Liestal gerade einmal deren 12, trotz rund 6000 Teilnehmenden.
Dies, obschon in beiden Fällen die geltenden Massnahmen wie Maskentragen und Abstandhalten zu grossen Teilen nicht eingehalten wurden.
Angst vor Eskalation
Die kantonale Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer begründete die polizeiliche Zurückhaltung damit, dass auch viele Familien unter den Demonstranten waren. «In diesem Fall hat man sich dafür entschieden, sehr zurückhaltend zu agieren.»
Die unterschiedliche Handhabung der Polizei stösst in den sozialen Medien auf Kritik. So schreibt ein User etwa «Kann nicht nachvollziehen, wie Demo wie in Liestal von Politik und Polizei geduldet werden kann».
Dirk Baier, Experte für Kriminalprävention an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), versteht die Kritik. «Ich würde es begrüssen, wenn die Polizei zukünftig schweizweit einheitlicher vorgehen würde», sagt Baier.
Coronavirus: Unterschiedliche Handhabung unterhöhlt Massnahmen
Es sei für die Bürger nicht nachvollziehbar, warum das gleiche Verhalten einmal gebüsst wird, ein anderes Mal nicht. «Dies unterhöhlt die Glaubwürdigkeit der beschlossenen Massnahmen, wenn sie offensichtlich nicht eingehalten werden müssen.»
Zwar sei es weder in Bern noch in Liestal zu Ausschreitungen gekommen. Also habe die Polizei die Situation jeweils richtig eingeschätzt. Aber: «Die Sorge vor Ausschreitungen ist von Woche zu Woche berechtigter», die Stimmung in den sozialen Netzwerken immer aggressiver.
Sollte es künftig zu Ausschreitungen kommen, dann rechnet Baier damit, dass diese von den Demonstranten ausgehen. Der Schutz der Polizisten sei deshalb zentral, «gleichzeitig dürften die beschlossenen Massnahmen nicht durch Nicht-Handeln zum Papiertiger gemacht» werden.
Coronavirus: Verbot wäre gefundenes Fressen für Skeptiker
Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL) kritisiert, dass die Demonstration überhaupt bewilligt wurde. Sie fordert gegenüber Nau, dass diese ganz verboten werden.
Die Demonstrationen gegen das Coronavirus von vornherein zu verbieten, hält Baier aber für den falschen Ansatz. «Es ist für eine Demokratie ein ganz heikles Signal, ein solches Grundrecht zu beschneiden.»
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Dies würde den Corona-Gegnern in die Karten spielen. «Sie könnten sich als Opfer stilisieren, die von den Behörden mundtot gemacht werden sollen», erklärt Baier.
Nächste Demo bereits angekündigt
In Liestal hat man derweil aus der samstäglichen Demonstration gegen das Coronavirus gelernt. Gegenüber SRF kündigte die Sicherheitsdirektorin an, künftige Proteste der Gruppe «Stiller Protest» nicht mehr zu bewilligen.
Die Corona-Rebellen lassen sich davon aber nicht beirren. Die nächste Veranstaltung wurde bereits angekündigt – am 10. April in Altdorf UR.