Coronavirus: Schweizer Tourismus-Chef glaubt nicht an zweites Ischgl
Der Schweizer Sonderweg betreffend Wintersport macht unseren Nachbarn Sorgen. Der höchste CH-Touristiker winkt ab: «Ein zweites Ischgl schliessen wir aus!»
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz sorgt mit dem Sonderweg im Ski-Zoff für Unmut bei unseren Nachbarländern.
- Der höchste Schweizer Touristiker versucht nun die Wogen zu glätten.
- Martin Nydegger verspricht «Winterferien in der Schweiz werden sicher sein»
Italien, Deutschland und Frankreich verlangen, dass alle Skigebiete in Europa bis zum 10. Januar geschlossen werden sollen. Die Schweiz wählt jedoch einen Sonderweg, weshalb der Druck von der EU auf den Bundesrat täglich zunimmt.
Am Montag präsentierte Gesundheitsminister Alain Berset deshalb den betroffenen Kantonen einen neuen Verordnungsentwurf. Darin enthalten sind weitere Corona-Verschärfungen, welche aber bei den Skigebieten gar nicht gut ankommen.
Der Bund erwähnt in dem Papier jedoch nicht nur weitere Schutzmassnahmen, sondern warnt auch von einem möglichen Reputationsschaden. Oder einfacher ausgedrückt: Sollten die auferlegten Massnahmen nicht eingehalten werden, könnte ein zweites Ischgl drohen.
«Acht Monate klüger seit Ischgl»
Ist der Widerstand gegen das weihnachtliche Skivergnügen wegen des österreichischen Frühjahrs-Hotspots berechtigt? «Nein, das glauben wir nicht», findet zumindest Martin Nydegger, der Direktor der Marketing-Organisation Schweiz Tourismus.
Der höchste Touristiker der Schweiz gab am Dienstagabend der SRF-Newssendung «10vor10» ein Interview und meinte: «Man darf nicht vergessen, dass Ischgl alle überrascht hat.» In der Zwischenzeit sei man doch «acht Monate klüger», so Nydegger.
«Wir haben viel über dieses Virus und auch den Umgang damit gelernt. Wir haben entsprechende Schutzkonzepte eingeführt, wir können das in der Schweiz wirklich ausschliessen.»
Nydegger meinte auch, dass man hierzulande ja nicht «die gleiche Après-Ski-Kultur» pflege, wie in anderen Ländern. «Bei uns wird ja mehr gelounget und deshalb können wir eine angenehme Wintersaison garantieren», so der Marketing-Experte.
Schweizer Tourismus «macht sich subtil bemerkbar»
Der Direktor von Schweiz Tourismus äusserte sich auch zum Druck aus dem Ausland. Am Dienstag warnte etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Landsleute, man solle seine Weihnachtsferien nicht in Skigebieten im Ausland verbringen.
Und die bayerische Landesregierung beschloss bereits letzte Woche, eine Quarantänepflicht für Wintersportler zu verhängen, die nur kurz ins Ausland reisen. Auch Italien prüft eine Quarantäne für Reiserückkehrer aus dem Ausland.
Lässt sich die Schweiz als Winter-Ferienland überhaupt noch verkaufen? Nydegger: «Wir sind natürlich sehr auf die Befindlichkeiten dieser Länder eingestellt. Wir machen uns sehr subtil bemerkbar und stellen eher mit einem Grundrauschen sicher, dass sie uns nicht vergessen.»
Der Marketing-Experte hielt fest, dass es für eine «starke und aggressive Marketingkampagne» sicherlich der falsche Moment wäre. Es gehe vielmehr darum, Vertrauen schaffen zu können.
«Am Anfang hat nicht alles reibungslos geklappt»
Nydegger erwähnte gegen Schluss des Interviews auch, dass die ganze Wintertourismusbranche alles daran setze, dass die Schutzkonzepte eingehalten würden. «Deshalb kann man sich darauf verlassen: Wenn man in der Schweiz Winterferien macht, dann ist man sicher.»
«10vor10»-Moderator Urs Gredig wies in dem Moment auf erst kürzlich viral gegangenen Bilder in den sozialen Medien hin. Übervolle Gondeln, Warteschlangen am Skilift – Vertrauen schaffen?
Nydegger meinte, das seien zum Teil ältere Bilder - es sei aber in der Tat der Fall gewesen. «Man muss auch zugeben, dass am Anfang noch nicht alles reibungslos geklappt hat.» Jetzt sei noch Vorsaison, das heisse, die Bahnen die schon offen haben und alle Tourismusbetriebe seien sich nun «minutiös» am Vorbereiten.
«Wenn es dann so richtig losgeht, sind die Kinderkrankheiten ausgemerzt», verspricht der höchste Touristiker der Schweiz.