Coronavirus: Soziologe empfiehlt Online-Kontakte zu Krisenzeiten
Das Coronavirus lähmt die Wirtschaft – doch Dating-Apps erleben einen massiven Ansturm. Ein Soziologe hält diese Entwicklung für positiv.
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen des Coronavirus hat der Bundesrat Social Distancing angeordnet.
- Nun stürmen einsame Schweizer die Dating-Apps.
- Soziologe Ueli Mäder ermutigt Singles dazu, online Kontakte zu knüpfen.
Seit knapp zwei Wochen arbeiten die meisten Schweizer wegen des Coronavirus im Home-Office. Das ständige Zuhause-Hocken scheint viele auf romantische Gedanken zu bringen. Denn: Seit der Anordnung des Bundesrats verzeichnet etwa die Dating-App «The Casual Lounge» einen starken Anstieg an Anmeldungen. Das schreibt das Unternehmen am Freitag in einer Mitteilung.
Ueli Mäder, Soziologe an der Universität Basel, sieht im Online-Dating viele Vorteile. Derzeit ist man zwar örtlich eingeschränkt, aber Dates sind weiterhin möglich, urteilt er.
Seiner Meinung nach helfen auch schon virtuelle Kontakte auf Dating-Apps massgeblich gegen die Einsamkeit. «Die Corona-Krise verleiht ihnen nun besonderes Gewicht. Gegen Einsamkeit und auch sonst.»
Längerer Online-Austausch hat auch Vorteile
Ein Treffen «im echten Leben» ist derzeit vielleicht nicht gerade zu empfehlen. Doch sich vor dem ersten Date über längere Zeit nur online auszutauschen, muss nicht unbedingt negativ sein.
«Je nachdem trägt mehr Zeit im Vorfeld dazu bei, sich einander subtil anzunähern und mit vielen Feinheiten wahrzunehmen», so Mäder.
Der Soziologe mahnt jedoch auch zur Vorsicht: «Eine längere online-Vorphase kann Erwartungen überhöhen. Dann sind Enttäuschungen vorprogrammiert.»
Besonders Frauen suchen wegen Coronavirus Nähe
Der Lockdown wegen des Coronavirus und das verordnete Social Distancing machen offenbar besonders Frauen liebestoll: «Frauen sind auffällig aktiver als im Normalfall», meldet die Dating-Seite «The Casual Lounge».
«Wir beobachten zurzeit einen enormen Zuwachs an weiblichen Usern. Sie suchen zwischen Homeschooling, Job und Haushalt etwas Abwechslung», so Gründer Heinz Laumann.
Auf den ersten Blick mag die gesteigerte Suche nach Nähe während einer Pandemie etwas seltsam wirken. Doch viele sitzen alleine zu Hause – da kann man sich schnell einmal einsam fühlen.
Romantik ist uns «als Gegenstück» zur Krise willkommen
Auch Mäder erstaunt es nicht, dass die Corona-Krise bei vielen das Bedürfnis nach Nähe und Romantik steigen lässt. «Eine Pandemie berührt uns. Sie weckt unsere Emotionen – und sie vergrössert die Distanz zur Aussenwelt. Damit verstärkt sich wohl das Bedürfnis nach Nähe.»
Das liege vermutlich auch daran, weil wir mehr Zeit und Ruhe haben. «Eine Pandemie bringt aber auch viel Ernüchterndes mit sich. Sie hat eine bittere Realität, die uns erschreckt.»
Romantik sei uns dann als Gegenstück und Kehrseite willkommen. Denn: «Katastrophen wecken das Bedürfnis nach heiler Welt.»