Echinaforce-Wirkung gegen Coronavirus wirft Fragen auf

Ein Naturheilmittel eliminiert das Coronavirus? So sehr die Studie über den Thurgauer Wirkstoff Mut macht, die Skepsis unter Experten ist gross.

Am Labor Spiez wurde die Wirksamkeit von Echinaforce gegen das Coronavirus getestet. - Keystone, A.Vogel

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Thurgauer Naturheilmittel Echinaforce soll gegen das Coronavirus wirken.
  • Das pflanzliche Medikament hat gemäss einer Studie das Virus inaktiviert.
  • Noch sind viele Fragen offen, etwa der Einfluss des Alkohols wird diskutiert.

In Rekordtempo jagen Forscher einem Wirkstoff hinterher, welcher Patienten mit Coronavirus heilt oder präventiv in Form einer Impfung davor schützt.

Nun übersteigt ein Überraschungskandidat sämtliche Erwartungen: Ausgerechnet ein Naturheilmittel soll gegen das Coronavirus wirken. Und dann noch eines aus der Schweiz – vom Thurgauer Unternehmen A. Vogel AG.

Das pflanzliche Heilmittel Echinaforce, welches in jeder Apotheke erhältlich ist, inaktiviert gemäss einer Studie das Virus. Durchgeführt wurde die Studie am Labor Spiez und bereits letzten Mittwoch im Fachblatt «Virology Journal» publiziert.

Doch die Reaktionen und das genauere Hinschauen zeigen: Für Jubel ist es zu früh.

Wirkt die Pflanze oder nur der Alkohol gegen Coronavirus?

Auf Twitter etwa läuft die Diskussion über Echinaforce heiss. Neben vielen spöttischen Reaktionen wie über das «China» im Name reagieren gerade Wissenschaftler skeptisch.

Darunter der Biostatistiker Servan Grüninger. Dieser kritisiert, dass nicht klar sei, ob wirklich der Wirkstoff aus der Echinacea-Pflanze (der Rote Sonnenhut) die Viren tötete. Oder doch eher der als Extraktionsmittel verwendete Alkohol.

Denn Echinaforce ist eine Zubereitung aus frisch geerntetem Echinacea, die mit einer «65-prozentigen alkoholischen Lösung extrahiert wird». So steht es in der Studie.

Servan Grüninger ist Biostatistiker am Institut für Mathematik der Universität Zürich. Ob Echinaforce gegen das Coronavirus wirkt, zweifelt er stark an. - Screenshot Twitter

Doch der potenzielle Effekt des Alkohols wird nirgends in der Studie erwähnt, was Grüninger stark infrage stellt.

Auch führen die Studienautoren nicht aus, ob es sich um eine Lösung mit 65 Prozent Alkoholgehalt handelt. Oder ob das gesamte Heilmittel zu 65 Prozent aus Alkohol besteht. Die Angabe auf der Seite des Herstellers A. Vogel weist auf letzteres hin.

Das pflanzliche Arzneimittel Echinaforce enthält 62-70 Prozent Alkohol. - Webseite A. Vogel

Auch das zuständige Labor Spiez reagiert auf Twitter auf die Diskussion. Zum Vorwurf des nicht erwähnten Alkohols nimmt es hingegen nur bedingt Stellung. «Wir haben das Lösungsmittel natürlich in der geeigneten Verdünnung als Kontrolle getestet.»

Weshalb dies in der publizierten Studie nicht erwähnt wird, ist schleierhaft.

Auf Nachfrage von Nau.ch stellt Sprecher Andreas Bucher aber klar: Das Echinaforce werde stark verdünnt im Labor getestet. «Der Alkohol selber hat keinen Effekt auf das Virus.»

Wirkung beim Menschen «müsste weiter untersucht werden»

Zweiter grosser Kritikpunkt ist die Beteiligung von Mitarbeitern der Firma A. Vogel. Die Studie wurde zudem teilweise vom Hersteller finanziert.

Mitarbeiter des Echinaforce-Herstellers A. Vogel AG waren an der Studie beteiligt. - Virology Journal

Auch dies wird auf den sozialen Medien kritisiert, obwohl die Autoren dies in der Studie klar unter «Interessenskonflikte» angeben.

Noch sind viele Fragen offen. Auch das Labor Spiez sagt auf Anfrage, der Wirkstoff wurde bisher nur im Labor getestet. Die Wirksamkeit beim Menschen ist noch längst nicht geklärt.

«Die Hypothese, dass das Präparat prophylaktische Wirkung für den Menschen hat, müsste also weiter untersucht werden.»