Im Alter von 50 Jahren will Bernbilingue neuen Schwung finden

Der Verein Bernbilingue feiert sein 50-jähriges Bestehen und plant, die Zweisprachigkeit im Kanton Bern weiter zu fördern.

«Mit dem Austritt von Moutier aus dem Kanton Bern wird ein neues Kapitel aufgeschlagen», erklärt die frisch gewählte Präsidentin Claudine Esseiva. - Keystone

Bernbilingue ist 1974 vor dem Hintergrund der jurassischen Unabhängigkeitskämpfen gegründet worden. Diese Woche feierte der Verein sein 50-jähriges Bestehen. Mit neuen Gesichtern im Vorstand will er die Zweisprachigkeit weiter fördern und auch ausserhalb des Berner Juras innovativ sein.

«Mit dem Austritt von Moutier aus dem Kanton Bern wird ein neues Kapitel aufgeschlagen», erklärt die frisch gewählte Präsidentin Claudine Esseiva der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die Zweisprachigkeit des Kantons wird oft mit dem Berner Jura in Verbindung gebracht. Esseiva, die Freiburger Wurzeln hat, möchte zu neuen Horizonten aufbrechen. Etwa in Regionen wie Murten oder Gstaad, dem Nachbarn der Greyerzregion.

Während der Schwerpunkt von Bernbilingue bisher hauptsächlich auf der Bildung lag, will der neue Vorstand «mutig» sein. Zum Beispiel in den Bereichen Tourismus und Kultur, erklärt Esseiva, die für die FDP im bernischen Grossen Rat sitzt: «Mit dem Weggang von Moutier ist es umso wichtiger, dafür zu sorgen, dass sich die französischsprachige Minderheit nicht ins Abseits gedrängt fühlt.»

An seiner Generalversammlung am Mittwoch hat der fast 400 Mitglieder starke Verein die Hälfte seines seit 2018 unveränderten Vorstands erneuert. Mit diesen frischen Kräften, darunter etwa die Bieler Gemeinderätin Lena Frank (Grüne), will die neue Präsidentin Esseiva «einen neuen Ansatz für die Zweisprachigkeit» im Kanton entwickeln.

Die Geschichte von Bernbilingue

«Es ist an der Zeit, nach vorne zu schauen, ohne zu vergessen, woher man kommt», meint sie. Bernbilingue wurde 1974 als Verein der «Freunde des Berner Jura» gegründet. Im selben Jahr stimmten die drei damals noch bernischen Bezirke Delsberg, Pruntrut und Franches-Montagnes für eine Abspaltung und die Schaffung eines neuen Kantons.

«Die Vereinigung der Freunde des Berner Jura wurde in schwierigen Zeiten als 'Kampforganisation' gegründet, obwohl sie sich immer von jeder Form von Gewalt distanziert hat», sagt Michael Stämpfli, Präsident von 1994 bis 2018. Mit der Institutionalisierung des interjurassischen Dialogs im März 1994 änderte der Verein dann seinen Namen.

«Während meiner Präsidentschaft legte ich den Schwerpunkt zunehmend auf die Zweisprachigkeit und nicht mehr auf den Kampf um den Berner Jura», erklärt der ausgebildete Jurist. Sein Nachfolger Alexandre Schmidt setzte diesen Kurs fort.

Manfred Bühler. (Archiv) - sda - KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE

Schmidt übernahm 2018 die Führung von Bernbilingue, nachdem ein erstes Ja der Stimmbevölkerung Moutiers zum Beitritt zum Kanton Jura von der Justiz für ungültig erklärt worden war. Laut Manfred Bühler, Vorstandsmitglied, SVP-Nationalrat und entschiedener Gegner des Kantonswechsels von Moutier, gelang Schmidt die Wende zu einem Zeitpunkt, als der Verein Gefahr lief, «zu einer Organisation von Kriegsveteranen zu werden».

Die Zukunftsaussichten

In den letzten Jahren hat der von der Burgergemeinde Bern finanziell unterstützte Verein verschiedene Studien in Auftrag gegeben, unter anderem über die Zweisprachigkeit in den Berner Unternehmen und über die Mittel für den Französischunterricht in der Schule. Neben anderen Aktivitäten hat Bernbilingue die französischsprachigen Berner Kandidierenden bei den eidgenössischen Wahlen im letzten Herbst unterstützt und ein zweisprachiges Buch für Kinder produziert.

Schmidt zufolge muss jedoch noch viel Arbeit für die Zweisprachigkeit im Kanton Bern geleistet werden, wo doch nur 10 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner französischsprachig sind: «Die Zweisprachigkeit wird nicht gepflegt, wie es sein sollte. Ausser in Biel, im Saal des Grossen Rates und an einigen anderen Orten leben die zwei Sprachen eher nebeneinander als miteinander», so Schmidt.

Seiner Meinung nach hat die Zweisprachigkeit unter dem «Gezänk» um Moutier mit dem jurassischen Nachbarn gelitten. Stämpfli stimmt ihm zu und meint, dass «diese verfluchte Moutier-Geschichte die Beziehungen vergiftet hat». Mit dem Abschluss des Dossiers Moutier hofft die neue Präsidentin Esseiva, ein neues Kapitel in der Geschichte von Bernbilingue aufzuschlagen und den Verein so «für die Zukunft zu positionieren».