Immer mehr Menschen in der Schweiz haben kein Geld zum Essen

Für arme Menschen wird die Teuerung zum Problem. Bei der Gassenarbeit Bern fragen immer mehr Menschen auch nach Essen. Und es soll noch schlimmer werden.

Essen wird immer teurer. In Caritas-Märkten können Armutsbetroffene Lebensmittel zu günstigeren Preisen einkaufen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Teuerung macht armutsbetroffenen oder von Armut gefährdeten Menschen zu schaffen.
  • Bei der Gassenarbeit Bern fragen immer mehr Menschen nach Essen.
  • Dort geht man sogar davon aus, dass die Situation im Frühling noch heftiger wird.

Am Mittwoch hat der Nationalrat beschlossen: kein voller Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten. Der Ständerat ist am Donnerstag nachgezogen. Rentnern bleibt somit aufgrund der Teuerung trotz Rentenerhöhung unter dem Strich weniger übrig als zuvor.

Schwierig für all jene, die ohnehin schon knapp bei Kasse sind. «Aufgrund der Teuerung geraten Menschen unter die Armutsgrenze, die bereits zuvor nur wenig Geld zum Leben hatten», sagt eine Sprecherin der Schweizer Tafel zu Nau.ch. «Die gestiegenen Kosten belasten das ohnehin knappe Haushaltsbudget zusätzlich.»

Immer mehr Menschen fragen nach Essen

Diese Personen wenden sich dann an Sozialeinrichtungen wie etwa die Kirchliche Gassenarbeit Bern. «Das sind Menschen, die uns vorher nicht gebraucht hätten und jetzt schauen müssen, wie sie überleben», sagt Nora Hunziker von der Gassenarbeit. Und es werden immer mehr.

Hunziker sagt, sie erhielten immer mehr Anfragen wie: «Habt ihr Lebensmittel?» oder: «Wer hat Lebensmittel?». Und das, obwohl die Gassenarbeit selbst gar kein Essen ausgibt. Das sei bedenklich, insbesondere, weil die Nachfrage schon längere Zeit ansteige, so Hunziker.

Die Gassenarbeit teile in solchen Fällen Zugangskarten aus, mit denen die Menschen etwa in Caritas-Märkten vergünstigt einkaufen könnten.

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«Die Kunden spüren den Druck der höheren Preise», sagte Thomas Künzler, Geschäftsleiter der Caritas-Märkte, im November zu Nau.ch. Seither ist es nicht besser geworden. «Aktuell sehen wir keine Beruhigung», sagt Künzler jetzt auf Anfrage. Die Nachfrage sei weiterhin sehr hoch.

Hunziker: «Situation wird noch heftiger»

Die Berner Gassenarbeit sieht ebenfalls keine Beruhigung, ganz im Gegenteil: «Wir gehen davon aus, dass die Situation im Frühling noch heftiger wird», so Nora Hunziker. Zum einen trudelten dann die Heizkostenabrechnungen ein, zum anderen hätten die Leute jetzt vielleicht noch etwas Geld vom 13. Monatslohn übrig.

Ein weiteres Problem: «Armut ist in der Schweiz stark stigmatisiert», so Hunziker. Armutsbetroffene oder Armutsgefährdete würden sich dadurch erst viel zu spät Hilfe holen. Etwa erst dann, wenn sie schon betrieben würden oder eine Kündigungsandrohung für die Wohnung erhielten.