Kirchen wollen Junge mit Techno für sich gewinnen

Techno-Gottesdienste und Hiphop-Partys: So versuchen Kirchen, junge Menschen für den christlichen Glauben zu begeistern.

Techno-Rave in der Kirche – das sieht man nicht alle Tage. - Screenshot/SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Kirchen setzen vermehrt auf Techno-Raves und Hiphop-Partys.
  • Ziel: Mehr junge Menschen für den christlichen Glauben zu begeistern.
  • Soziologe Kovic hält das für «grundsätzlich legitim und unproblematisch».

Die Landeskirchen in der Schweiz setzen auf ungewöhnliche Methoden, um junge Menschen für den Glauben zu begeistern. Sie organisieren Techno-Gottesdienste und christliche Hiphop-Events. Das berichtet SRF.

Beispiel: In der Wasserkirche in Zürich fand während der Streetparade am 12. August ein Rave-Gottesdienst statt.

Der Freundeskreis Grossmünster organisierte diesen besonderen Gottesdienst. Und zwar mit dem Ziel, die Kirche bei Gross-Events dieser Art präsent zu machen und so junge Leute anzusprechen.

DJs am Gottesdienst

Zwei DJs sorgten für elektronische Musik während des Gottesdiensts. Die Predigt hielt Pfarrer Christoph Sigrist zusammen mit einer Theologin und einem Imam. «Es braucht Offenheit und Beweglichkeit in der Kirche», sagt eine Besucherin zu SRF.

Sigrist hält fest: «Dass so viele verschiedene Leute zusammenkommen, erlebe ich selten. Normalerweise bei der Konfirmation, bei einer Hochzeit oder bei einer Beerdigung.»

Auch sagt der Pfarrer, dass das nicht das erste Mal sei, dass Leute in seiner Kirche tanzen. «Normalerweise einfach zu anderer Musik.»

Reaktionen auf den Rave-Gottesdienst

Die Reaktionen auf den Rave-Gottesdienst sind gemischt. Einige junge Besuchende sind überrascht über die Kombination von Technomusik und Kirche: «Ich war gestern bis vier Uhr unterwegs, aber ich bin heute Morgen extra aufgestanden. Ich wollte mir das nicht entgehen lassen», erzählt eine junge Frau.

Eine andere Strategie verfolgt die Reformierte Kirche Bern-Jura-Solothurn. Sie organisiert christliche Hiphop-Events im Hiphop Center Bern, um junge Menschen mit Bezug zum christlichen Glauben anzusprechen.

«Nahe an der Lebenswelt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen», beschreibt Organisatorin Melanie Keller die Veranstaltung.

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Die Hoffnung ist gross, dass solche alternativen Angebote in Zukunft mehr Raum einnehmen werden. Keller sagt: «In zehn Jahren werden 60 bis 80 Prozent der Pfarrpersonen pensioniert sein, dann wird ein Wandel passieren müssen.»

«Grundsätzlich legitim und unproblematisch»

Soziologe Marko Kovic ordnet ein: «Ich denke nicht, dass hier Parallelen zu Sekten und Freikirchen bestehen, die teilweise ähnliche Formate einsetzen.» Den Kirchen gehe es lediglich darum, jüngere Personen anzusprechen.

Marko Kovic, Soziologe und Experte für Verschwörungstheorien. - zVg

«Das scheint mir grundsätzlich legitim und unproblematisch. Die religiösen Inhalte werden dadurch nicht verschärft oder totalitär», so Kovic. Auch nehme er die reformierte und die katholische Kirche «nicht unbedingt als Social-Media-Influencer wahr». Die beiden Online-Portale hätten zwar eine gewisse Reichweite – Kovic «denke aber nicht, dass daraus der nächste virale Tiktok-Hit entsteht».