Klage gegen Nestlé landet vor Oberstem US-Gerichtshof
Nestlé wurde wegen Kindersklaverei in der Elfenbeinküste angeklagt. Nun befasst sich der Supreme Court mit der Frage, ob Konzerne überhaupt dafür haftbar sind.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz wird im November über die Konzernverantwortung abgestimmt.
- Auch das Oberste US-Gericht befasst sich auf einen Nestlé-Antrag mit dieser Frage.
- Der Konzern will damit eine Klage wegen Kindersklaverei in der Elfenbeinküste abwenden.
Sind Konzerne wie Nestlé haftbar für Menschenrechtsverletzungen im Ausland? In den USA befasst sich nun der Oberste Gerichtshof auf Antrag der Firmen Nestlé USA und Cargill mit dieser Frage. Die beiden Konzerne wollen damit eine Klage wegen Kindersklaverei in der Elfenbeinküste abwehren.
Am Donnerstag gab der Supreme Court bekannt, das Urteil eines Berufungsgerichts in dem Fall zu überprüfen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur AP. Die Anhörungen vor dem Obersten Gericht sollen in der ab Oktober beginnenden Sitzungsperiode stattfinden. Dabei geht es darum, ob die Klage überhaupt zulässig ist oder nicht.
Ehemalige Kinderarbeiter aus Mali erheben Vorwürfe gegen Nestlé und den amerikanischen Futterkonzern Cargill. Die Kläger seien als Kind aus Mali verschleppt worden und als Sklaven auf Plantagen in der Elfenbeinküste gehalten worden.
Konzerne übten starke Kontrolle über Kakaomarkt aus
Dafür machen sie Nestlé und Cargill verantwortlich, auch wenn diese die Plantagen nicht besessen oder betrieben hätten: Die Konzerne übten eine starke Kontrolle über den Kakaomarkt in der Elfenbeinküste aus. Sie hätten den Plantagen, die in Kindersklaverei engagiert gewesen wären, Ressourcen zur Verfügung gestellt, argumentieren die Kläger.
Nestlé stellt sich auf den Standpunkt, dass die Vorwürfe zwar unbestreitbar schreckliche Menschenrechtsverstösse darstellten. Doch hätten die Kläger nie darlegen können, dass Nestlé USA oder andere Beklagte diese Taten verübt hätten. Auch hätten sie nicht zeigen können, dass Nestlé Menschenrechtsverletzungen beabsichtigt habe.
Vielmehr nahmen die Kläger aber Nestlés Anstrengungen gegen Kinderarbeit als Hinweis auf, dass der Konzern von der Kindersklaverei gewusst habe. Die Gerichte waren sich in dem Fall bislang uneins: Zuletzt schickte ein Berufungsgericht die Klage an die Vorinstanz zurück mit dem Auftrag an die Kläger, weitere Details zu liefern.
Daraufhin wandte sich Nestlé im September 2019 in einer Petition an den Obersten Gerichtshof. Dieser soll nun grundsätzlich klären, inwiefern die gesetzliche Grundlage für die Klage überhaupt anwendbar ist.
Über Konzernverantwortung wird auch in der Schweiz diskutiert
Die Frage, inwiefern Konzerne für Menschenrechtsverletzungen, die in ihrer Lieferkette begangen wurden, haften, wird auch in der Schweiz heiss diskutiert: Am 29. November stimmt das Volk über die Konzernverantwortungsinitiative ab.
Das Begehren fordert: Globale Konzerne mit Schweizer Sitz sollen bei Durchsetzung von Menschenrechten und Umweltschutz einem zwingenden Regelwerk unterstellt sein. Das Parlament verabschiedete einen indirekten Gegenvorschlag ohne neue Haftungsregelungen aber mit Berichterstattungspflicht. Er tritt bei einem Nein zur Initiative automatisch in Kraft.
Nestlé stellt sich gegen die Initiative. «Wir sind überzeugt, dass es der falsche Weg ist, Verstösse im Ausland vor schweizerischen Gerichten zu besprechen.» Dies sagte Nestlé-Chef Mark Schneider kürzlich in einem Interview mit den CH-Media-Zeitungen. Der Gegenvorschlag sei ausgewogener und vernünftiger.