Roboter baut allein mit Schotter und Schnur
Ohne Beton, Mörtel oder Schrauben: Ein Roboter der ETH Zürich baute in Winterthur einen speziellen Pavillon – nur aus Schotter und Schnur.
Das Wichtigste in Kürze
- Architekten der ETH Zürich haben auf den Kirchplatz in Winterthur einen Pavillon nur aus Schotter und Schnur gebaut.
- Die Hauptarbeit übernahm dabei ein Roboter. Er schichtete Schotter und Schnur in vorberechneten Mustern aufeinander.
- Das Ganze ist ein Forschungsprojekt. Die Architekten wollen herausfinden, was mit dieser Bauweise noch möglich ist.
Auf dem Kirchplatz in Winterthur steht seit Mittwoch ein kurioser Pavillon. Er besteht aus nichts als Schotter, Schnur und einer Dachplatte aus Metall. Zusammengehalten wird das Ganze allein durch physikalische Kräfte – Druck, Reibung und die Schwerkraft.
Gebaut haben den «Rock Print Pavilion» Architekten der ETH Zürich mit der Hilfe eines Roboters, den sie mit einer selbstentwickelten Software steuerten. Schicht für Schicht baute der Roboter von unten nach oben die Säulen des Bauwerks auf: Auf eine Schicht gewöhnlichen Schotters – etwas feiner, als man ihn für den Gleisbau benötigt – drapierte die Maschine eine Schicht aus gewöhnlicher Recycling-Schnur in bestimmten kreisförmigen Mustern. Darauf kam wieder eine Schotterschicht, und so weiter. Die Muster der Schnüre legen dabei fest, wo sich die Schottersteine berühren: Dort, wo die Schnur liegt, berühren sich die Steine nicht, überall sonst schon. Werden sie dann vom Roboter festgedrückt, verzahnen sie sich an den richtigen Stellen – die Forschenden sprechen vom sogenannten «Jamming». Gesamthaft besteht der fertige Pavilon aus zirka 130 Kilometern Schnur und rund 30 Tonnen Steinen. Die Dachplatte schliesslich, 8,6 Tonnen ist sie schwer, drückt auch die obersten Schotter-Schichten fest. So entstand ein überraschend stabiler Bau, obwohl nichts daran betoniert, festgeschraubt oder verklebt ist.
Den Pavillon hätte man auch zwar ohne einen Roboter bauen können, sagte Projektleiter Fabio Gramazio von der ETH Zürich. Aber längst nicht so effizient. Die beiden hauptverantwortlichen Forschenden, Gergana Rusenova und Petrus Aejmelaeus-Lindström, haben auf der Baustelle vor allem Schotter für den Roboter nachgefüllt und nur hie und da von Hand nachgebessert. Für die ETH-Architekten ist der Bau vor allem ein Forschungsprojekt. Sie analysieren nun, wie sich das Bauwerk mit der Zeit ändert, zum Beispiel, wie stark sich die Säulen verdichten oder wie weit sie sich ausdehnen. So wollen sie mehr darüber herausfinden, was mit dieser Bauweise wohl noch möglich sein wird.
Bis zum 4. November wird der Pavillon noch auf dem Kirchplatz in Winterthur stehen. Danach wird er rückgebaut. Das ist gerade bei diesem Bau extrem einfach: Ist die Dachplatte einmal weggehoben, reicht es, an den Schnurenden oben an den Säulen zu ziehen, um das Gebilde zu destabilisieren. Innerhalb von einem Tag, sagt Architekt Petrus Aejmelaeus-Lindström, werde aus dem Pavillon wieder ein Haufen Schotter und Schnur.
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