Schwangere sollen als Risikogruppe für Covid-19 eingestuft werden
Ein Experte des Universitätsspitals Chuv in Lausanne fordert, das Schwangere in der Schweiz als Risikogruppe für Covid-19 eingestuft werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Schwangere Frauen werden bisher nicht als Risikogruppe für Covid-19 eingestuft.
- Ein Experte des Lausanner Unispitals fordert, dass dies geändert wird.
Schwangere Frauen sollen in der Schweiz als Risikogruppe für Covid-19 eingestuft werden. Dies fordert ein Experte des Universitätsspitals Chuv in Lausanne. Die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe berät derzeit über eine Modifikation ihrer Empfehlungen.
Zu Beginn der Corona-Krise seien die Informationen aus China, Italien und den USA «beruhigend gewesen, sagte Professor David Baud, Leiter der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Universitätsspital Chuv in Lausanne, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Schwangere Frauen schienen demnach nicht stärker gefährdet zu sein als andere gleichaltrige Menschen.
Neuere Daten haben das Bild jedoch erheblich verändert. Jetzt gehen Experten davon aus, dass schwangere Frauen drei- bis fünfmal häufiger eine schwere Form der Lungenkrankheit Covid-19 entwickeln. Ebenfalls ist bekannt, dass das Virus Folgen für das Baby haben kann.
«Veränderungen in der Plazenta»
«Die Krankheit kann Veränderungen in der Plazenta auslösen. Dies wiederum kann dazu führen, dass Föten in der Gebärmutter weniger gut ernährt werden und sich ihr Wachstum retardiert», sagt Professor Baud.
Missbildungen wegen Covid-19 haben die Experten indes nicht festgestellt. Ein verlangsamtes Wachstum vor der Geburt bedeutet jedoch, dass Säuglinge kleiner und schwächer sind und ein höheres Risiko für eine Erkrankung haben.
«Wir haben erst vor kurzem herausgefunden, dass das Coronavirus in den Fötus gelangen kann, selbst in einem späten Stadium der Schwangerschaft», sagte der Spezialist weiter. «Wir wissen noch wenig über die Auswirkungen der mütterlichen Infektion im ersten und zweiten Trimester. Deshalb sollten infizierte Patientinnen während der Schwangerschaft genau überwacht werden.
Für den Experten besteht kein Zweifel, dass die bisherigen Kenntnisse über die Viruskrankheit «alarmierend genug» sind, um schwangere Frauen als Risikogruppe einzustufen. David Baud, der die früheren Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe mitverfasst hat, drückte gegenüber der Gesellschaft seine Besorgnis aus.
Neue Empfehlungen Anfang August?
Bauds Erkenntnisse sind bis zum 23. Juli in interner Beratung. Der Spezialist hofft, dass Anfang August neue Empfehlungen herausgegeben werden. Diese werden dann an das Bundesamt für Gesundheit weitergeleitet. «Ich mache mir jetzt keine Sorgen. Aber wir müssen bereit sein, wenn im September oder Oktober eine zweite Welle eintritt», sagte der Spezialist weiter.
Schwangere Frauen sollten besonders gut auf Schutzmassnahmen achten und insbesondere soziale Distanz wahren. Wenn Homeoffice oder Arbeit mit genügend räumlicher Distanz nicht möglich sei, sollten Schwangere krankgeschrieben werden, empfiehlt der Experte.
Das Chuv hat ein weltweites Register für Covid-19-Babys erstellt. Daran beteiligen sich mehr als 200 Spitäler. «Mehr als tausend Fälle von infizierten Patientinnen sind dort dokumentiert», sagt der Arzt. «Dies wird zuverlässigere Daten liefern. Wir führen derzeit eine Studie durch und hoffen, bis Ende August Ergebnisse zu erhalten.