Schweizer Epidemiologen skeptisch gegenüber 2G-Regel
Schweizer Experten halten wenige von 2G in der Schweiz. 3G sei eher «lebbar» und die Impfung sei wichtiger, so die Argumente
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer Experten sehen eine Einführung der 2G-Regel eher kritisch.
- Die 3G-Regel sei besser und für die allermeisten «lebbar».
- Zudem fehlten wissenschaftliche Daten zur Effektivität von 2G.
In dieser Woche hat die Diskussion in der Schweiz um die Einführung der 2G-Regel – also Zutrittsbeschränkungen für nur auf das Coronavirus getestete Personen – zugenommen. Epidemiologen sind jedoch skeptisch gegenüber dieser Massnahme.
Marcel Tanner sagte im Interview mit der «Schweiz am Sonntag» vom Samstag zwar, dass es mit 2G eine höhere Sicherheit gebe, weil die Ansteckungsgefahr kleiner sei. 3G sei für die Gesellschaft aber besser als 2G, diese Regelung sei für die allermeisten «lebbar».
Zudem berge auch das zweite G – für Genesen – eine Unsicherheit. Von den Genesenen seien nur die Geheilten solide geschützt. Jene, die nur leicht infiziert waren und nicht oder kaum erkrankten, hingegen nicht.
Noch keine wissenschaftlichen Daten zu 2G
Verhalten äusserte sich auch Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich. Theoretisch könne 2G einen Vorteil bieten. Es sei aber nicht leicht einzuschätzen, wie viel 2G bewirke, da es noch keine soliden wissenschaftlichen Daten dazu gebe. Diese brauche man aber, um zu wissen, ob diese Regelung durchsetzbar sei und ob es dann im Vergleich zu 3G Infektionen verhindere.
Für Epidemiologe Marcel Salathé steht derzeit mit 2G gar die falsche Massnahme im Fokus. Die Diskussion über 2G lenke von «den wichtigen Faktoren» ab: mehr Erstimpfungen und rasche Booster-Impfung. Das seien die zentralen Elemente, die es erlauben würden, den Winter ohne eine Überlastung des Gesundheitssystems zu überstehen.
Ähnlich sieht es Didier Trono, Leiter des Labors für Virologie und Genetik an der ETH Lausanne (EPFL). In Israel, wo die Infektionsraten dramatisch angestiegen waren, sei die Inzidenz seit der Verabreichung einer dritten Dosis zurückgegangen. Es gebe also eine Lösung und die Schweiz könnte sie umzusetzen. Zudem müsste man vielleicht zunächst die Gültigkeitsdauer von Antigentests von 48 auf 24 Stunden verkürzen, das würde aus seiner Sicht die Sicherheit erhöhen.
Experte: Aktuelle Massnahmen gegen Corona nicht ausreichend
Einzig Richard Neher von der Uni Basel spricht sich in der Zeitung klar positiv gegenüber der Massnahme aus. «Offenkundig» seien die aktuellen Corona-Massnahmen nicht ausreichend, um den Anstieg der Fallzahlen zu verhindern. Tests, die für das Zertifikat bei 3G nötig seien, würden sicherlich das Ansteckungsrisiko reduzieren, seien aber immer nur eine Momentaufnahme. Epidemiologisch mache 2G daher durchaus Sinn, vor allem in Kombination mit einer intensiven Impf-, Boost- und Test-Kampagne.
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Andere Länder sind in dieser Frage etwas weiter. So hat die österreichische Regierung am Montag die 2G-Regel für Lokale, Tourismus, Veranstaltungen und Sport eingeführt. Auch etwa im deutschen Bundesland Sachsen gilt seit Montag in weiten Teilen des öffentlichen Lebens die 2G-Regel.
Eingeführt wird sie wohl auch in den Niederlanden, die in den kommenden drei Wochen in einen Teil-Lockdown gehen – möglicherweise für Bars und Festivals. Und in Lettland dürfen ab Montag nur noch geimpfte und genesene Abgeordnete an Parlamentssitzungen teilnehmen.