Sinkende Rohölpreise erreichen Tankstellen mit Verzögerung

Rohölpreise sinken, doch die Benzinpreise bleiben hoch. Warum ist das so und wann können Verbraucher mit Entlastung rechnen?

Obwohl die Rohölpreise fallen, bleiben die Benzinpreise hoch. (Symbolbild) - Christoph Schmidt/dpa

Der Preis für Rohöl ist zwar zuletzt wieder etwas gestiegen, liegt aber immer noch deutlich tiefer als vor zwei Monaten. Bis der tiefere Ölpreis und der wieder stärkere Franken auch die Benzinpreise an den Zapfsäulen drücken, müssen sich Autofahrer aber noch etwas gedulden. Ein Barrel (159 Liter) Rohöl der Sorte Brent Crude kostet derzeit rund 82 Dollar und damit fast zehn Dollar weniger als noch Mitte April.

Der Schock über den Beschluss der erweiterten Organisation erdölexportierender Länder (Opec+), die Fördermengen ab Oktober schrittweise wieder zu erhöhen, sitzt an den Märkten noch tief. Zusammen mit dem zuletzt stärkeren Schweizer Franken stehen die Zeichen an den hiesigen Zapfsäulen daher auf Entspannung. Für gewöhnlich dauert es jeweils, bis sich tiefere Rohölpreise auch an den Zapfsäulen in rückläufige Preise durchschlagen.

Benzinpreise folgen eigenen Gesetzen

Die Benzinpreise unterliegen nämlich eigenen Gesetzen. Erhebungen des Touring Club Schweiz (TCS) zufolge liegt der Preis für einen Liter bleifreies Benzin (95 Oktan) momentan durchschnittlich bei 1.88 Franken und jener für einen Liter Diesel bei 1.91 Franken. Tendenz rückläufig.

Noch im Januar kostete ein Liter bleifreies Benzin allerdings bloss 1.75 Franken. Und das bei einem ähnlich hohen Rohölpreis und Dollar-Franken-Kurs. Nicht nur die zuletzt rückläufige Entwicklung bei den Rohölpreisen, auch der wieder stärkere Franken spricht auf kurze Sicht aber nochmals für tiefere Benzinpreise.

Denn die Frankenstärke vergünstigt aus Schweizer Sicht bekanntlich die Einfuhr von Rohöl und Rohölerzeugnissen. Experten warnen aber bereits jetzt, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten nicht auf dauerhaft tiefere Rohölpreise einstellen sollten.

Expertenmeinungen zu künftigen Öl- und Benzinpreisen

Wie die Rohstoffstrategin Barbara Lambrecht von der Commerzbank schreibt, liessen der Beschluss der Opec+ und enttäuschende Nachrichten aus der US-Wirtschaft den Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Brent zwar vorübergehend auf ein Viermonatstief fallen. Sie erachtet diese Reaktion aber als übertrieben. Zudem habe die Opec+ noch eingeschränkt, dass die Organisation auf Marktbedingungen reagieren wolle, sie den Hahn also auch wieder zudrehen könnte.

Den Plänen der Opec+ zum Trotz geht die Commerzbank-Expertin mit Blick auf die zweite Jahreshälfte von einer Unterversorgung des Ölmarktes aus. Darauf abgestützt rechnet sie wieder mit steigenden Preisen. UBS-Rohstoffexperte Giovanni Staunovo glaubt, dass die Lagerbestände beim Rohöl in den kommenden Wochen kleiner werden und die weltweite Ölnachfrage gleichzeitig steigen dürfte. Auch er geht daher wieder von steigenden Preisen aus.

Die Rohstoffstrategen von Goldman Sachs sehen den Ölpreis in einer recht grossen Bandbreite von 75 bis 90 Dollar je Fass schwanken. In Erwartung einer gesunden Nachfrage während der Sommermonate und angesichts der Positionierung nicht kommerzieller Marktakteure geht man auch bei der US-Investmentbank schon bald wieder von anziehenden Notierungen aus.