Spitäler operieren zu wenig
Mehr Operationen führen zu besserer Qualität. Jedoch operieren die Schweizer Spitäler insgesamt zu wenig. Krankenkassen fordern nun Mindestzahlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Mehr Routine führt zu besseren Operationen, besagt die Studie der TU Berlin.
- Schweizer Spitäler operierten demnach zu wenig.
- Der Krankenkassenverband Santésuisse fordert nun Mindestfallzahlen auf Bundesebene.
Spitäler ohne Expertise und Erfahrung operierten statistisch belegt schlechter. So ist die Sterblichkeitsrate bei der Arbeit durch einen erfahrenen Chirurgen tiefer und die Vor- und Nachbetreuung um einiges besser. Allerdings ist die Gelegenheits-Chirurgie in der Schweiz weit verbreitet. Der Krankenkassenverband Santésuisse fordert nun ein Umdenken und will Mindestzahlen einführen.
Die Technische Universität Berlin (TU) erforschte in einer breitangelegten Studie den Zusammenhang zwischen Quantität und Qualität bei Operationen. Die Forscher fordern demnach beispielsweise, ein Spital müsse im Jahr rund 250 Hüftgelenkoperationen durchführen, um die Qualität zu gewährleisten. In der Schweiz jedoch erreichen nur ein Sechstel aller Kliniken diesen Wert, berichtet der «Tagesanzeiger».
Zürcher haben bereits Mindestwerte
Ähnlich sieht es bei Knieprothesen aus: Den vorgeschlagenen Wert von 230 Fällen jährlich unterbieten drei Viertel der Schweizer Kliniken um ein Vielfaches. Deutschland legte einen tieferen Wert von 50 Operationen im Jahr gesetzlich fest. Doch selbst diesen Wert erreichen 23 Spitäler nicht.
Bei Eingriffen an Lungen und Bronchien – komplexere Behandlungen als Hüftgelenk und Knie – gibt es in Zürich bereits einen geregelten Mindestwert von 30 Fällen – drei Mal tiefer als jener der TU Berlin. Auch der Zürcher Mindestwert bei Herzoperationen ist signifikant tiefer angesetzt und wird nun bei sieben von 22 behandelnden Spitälern erreicht.
Santésuisse stösst auf Gegenwind
Der Präsident von Santésuisse und SVP-Nationalrat Heinz Brand fordert nun bundesweit solche Mindestzahlen. Sollten die zuständigen Behörden sich nicht von alleine bewegen, werde er parlamentarischen Druck ausüben. Die Interimsdirektorin des Spitalverbands H+, Dorit Djelid, zeigt sich skeptisch gegenüber Mindestfallzahlen auf Bundesebene: Sie würden wenig über die Kompetenz eines einzelnen Chirurgen und dessen Team aussagen.
Auch die kantonalen Gesundheitsdirektoren kritisieren den Vorschlag. Jedoch nicht inhaltlich. Sie äussern föderalistische Bedenken: die kantonale Hoheit würde dabei tief beschnitten. Brand hofft, die Politik gewichte die Qualität des Gesundheitswesens stärker als der «Heimatschutz».