Sunrise: Angestellte dürfen bei Mahnungen nicht mehr kulant sein

Für nicht bezahlte Rechnungen stellt Sunrise Mahnungen aus. Kunden versuchen dann bei Mitarbeitern eine Stornierung zu erbetteln. Damit ist jetzt Schluss.

Betteln bringt nichts mehr: Angestellte des Kundencenters von Sunrise stornieren keine Mahnungen mehr. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Sunrise-Angestellte dürfen seit kurzem bei Mahngebühren nicht mehr kulant sein.
  • «Das wurde von Kunden ausgenutzt», wird im Kundencenter begründet.
  • Die neue Regelung gelte für Mitarbeiter schon seit rund einem Jahr.
  • Von offizieller Seite heisst es: Mahnungen-Stornieren sei nie eine gängige Praxis gewesen.
  • Swisscom-Mitarbeiter haben etwas mehr Spielraum.

Es ist ein bisschen wie im Fussball: Reklamieren beim Schiedsrichter sollte eigentlich keinen Vorteil bringen. Und doch lassen sich so manche Unparteiische hier und da ein bisschen beeinflussen.

Auch bei Sunrise wurde viel «reklamiert». Wenn eine Rechnung zu spät bezahlt wird, stellt die zweitgrösste Schweizer Telekommunikations-Firma eine Mahnung aus. Die zweite davon führt zu Gebühren. Viele Kunden griffen dann zum Hörer und versuchten, mit einem netten Gespräch eine Stornierung zu erbetteln.

Umfrage

Was machst du, wenn du eine Mahnung erhältst?

Ich bezahle sie so schnell wie möglich.
85%
Ich rufe bei der Firma an und versuche mit einem netten Gespräch eine Stornierung zu bekommen.
8%
Ich verdränge es – mir ist es auch schon passiert, dass mehrere Mahnungen gekommen sind.
7%

Mit Erfolg: Wie Nau.ch von mehreren Kunden weiss, wurden die Mahngebühren nach einer kurzen Erklärung, dass die Rechnung beglichen wurde, tatsächlich erlassen. Damit ist nun aber Schluss.

«Wir dürfen nicht mehr stornieren – es wurde von Kunden ausgenutzt»

Wer Callcenter-Angestellte heute bittet, ob man die – mindestens – 30 Franken stornieren könne, wird abgewatscht. Am anderen Ende der Leitung heisst es: «Wir dürfen nicht mehr stornieren.» Seit etwa einem Jahr gelte die neue Regel bereits, erzählen die Angestellten.

Der Grund: «Es wurde von Kunden ausgenutzt und brauchte zu viele Ressourcen. Bei Mahngebühren können und dürfen wir nichts mehr machen.»

Nau.ch hat bezüglich der neuen Regelung bei offizieller Seite nachgefragt. Dort heisst es von Kommunikations-Managerin Séverine de Rougemont: «Mahngebühren werden nur dann storniert, wenn seitens Sunrise ein Fehler vorliegt. Sollten in Vergangenheit Mahngebühren storniert worden sein, geschah dies aus reiner Kulanz.»

Sunrise: Stornieren nur noch in «absoluten Ausnahmefällen»

Zur neuen Regelung, von welcher die Kundenservice-Mitarbeitenden erzählen, sagt Rougemont: «In absoluten Ausnahmefällen können Mahngebühren von den Mitarbeitenden storniert werden. Wir möchten jedoch betonen, dass dies nur in sehr begrenztem Umfang und nach sorgfältiger Prüfung geschieht.»

Es habe sich bei Sunrise nämlich nie um eine gängige Praxis gehandelt.

Umfrage

Bei welchem Handyabo-Anbieter bist du?

Swisscom
35%
Sunrise
29%
Salt
12%
Bei einem anderen Anbieter
23%

Rougemont unterstreicht, dass man «im Branchenvergleich» grosszügige Fristen anbiete. Die Mahngebühr werde etwa 35 Tage nach Fälligkeit der Rechnung oder 65 Tage nach Erbringung der Leistung in Rechnung gestellt. «Stets erst nach einer Vorwarnung.»

Auch Salt bleibt hart – Swisscom nimmts lockerer

Ähnlich wie bei Sunrise klingt es beim Handyabo-Anbieter Salt. Man lege grossen Wert auf «klare und transparente Abläufe» bei Rechnungen und Mahnungen. Salt setzt auf Erinnerungs-SMS – nur in «besonderen Fällen» würden «passende Lösungen» gesucht.

Etwas mehr Spielraum gibt es bei Swisscom, sagt Mediensprecherin Annina Merk.

Im Fussball dürfen nur noch Kapitäne beim Schiedsrichter reklamieren. - keystone

Nämlich: «Meldet sich ein Kunde bei uns wegen einer verpassten Rechnungsfrist, können Mitarbeitende aus Kulanz die Gebühr erlassen. Hier wird aber natürlich schon darauf geachtet, ob es ein Einzelfall ist oder ob es mehrfach vorkommt. In der Regel suchen wir aber nach Lösungen mit den Kunden.»

Übrigens: Null-Toleranz beim Reklamieren gibt es seit der letzten Europameisterschaft bei Fussball-Schiedsrichtern. Die «Captain-only»-Regel gilt mittlerweile sogar auf Amateur-Niveau.

Nur der Kapitän einer Mannschaft darf noch mit dem Schiedsrichter interagieren. Alle anderen Spieler werden fürs Motzen mit Gelb bestraft.