Tessin dribbelt bei Rustico-Häuschen das Bundesgesetz aus

Bei der Vermietung von traditionellen Tessiner Rustici gelten strenge Regeln. Allerdings legt der Südkanton diese etwas lockerer aus als vom Bund vorgesehen.

Die traditionellen Rustico-Häuschen ziehen viele Touristen ins Tessin. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Für das Vermieten von Rustici ausserhalb der Bauzone braucht es eine Baubewilligung.
  • Laut dem Tessin ist das aber nur nötig, wenn man das Häuschen mehr als 90 Tage vermietet.
  • Diese lockere Auslegung kommt bei den Eigentümern gut an – in Bern weniger.

In einem traditionellen Tessiner Rustico Ferien machen – für viele wohl eine schöne und entspannende Vorstellung. Die ehemals landwirtschaftlich genutzten und umgebauten Steinhäuschen erfreuen sich bei Touristen grosser Beliebtheit.

Doch die Rustici ziehen nicht nur zahlreiche Gäste an – sie sorgen auch für Diskussionen. Der Kanton Tessin bewegt sich in diesem Bereich nämlich rechtlich gesehen auf heiklem Terrain. Grund dafür ist das Raumplanungsgesetz des Bundes, wie SRF in der Radiosendung «Echo der Zeit» berichtet.

Tessin mit lockerer Haltung – Verband freut es

Das Gesetz regelt die Vermietung der Tessiner Häuschen ziemlich klar. Wer ein Rustico ausserhalb einer Bauzone vermieten will, braucht eine Baubewilligung. Denn eine touristische Nutzung verursacht eine sogenannte Nutzungsintensivierung. Beispielsweise kann sie zu mehr Verkehr oder Wasserverbrauch führen.

Im Tessin sieht man das jedoch etwas anders, die Vorschrift des Bundes kommt bei den Rustico-Besitzern nicht gut an. Oliver Keller, Vizepräsident des Verbands Ticino Holiday, der die Ferienhausbesitzer vertritt, sagt: «Der politische Druck hat sich in den letzten Monaten erhöht. Es war nicht mehr klar, wie die Vermieter, die Eigentümer, ihr Ferienobjekt vermieten konnten.»

Der Kanton kommt den Vermietern jedoch entgegen und legt das Raumplanungsgesetz locker aus. In einem Brief schrieben die kantonalen Behörden: Es brauche keine Baubewilligung, wenn man das Rustico nicht mehr als 90 Tage pro Jahr vermiete.

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In einer Stellungnahme rechtfertigt der Kanton Tessin gegenüber SRF dieses Vorgehen. Die kurze Nutzung durch einen Touristen sei vergleichbar mit der Nutzung durch den Eigentümer. Aus Bellinzona heisst es demnach, die Vermietung sei unproblematisch.

Keller von Ticino Holiday argumentiert gleich, er begrüsst die lockere Auslegung: «Hier hat der Kanton Tessin eine Sicherheit und eine Klarstellung gegeben. Das ist aus unserer Sicht ein Erfolg.»

Bund: Nachbarn und Natur leiden unter Vermietung

Der Bund hält im «Echo der Zeit» dagegen. Thomas Kappeler, Leiter Recht beim Bundesamt für Raumentwicklung, sagt: «Mit den Vermarktungen von Rustici auf Vermietungsplattformen wird eine Nutzungsintensivierung verbunden sein. Solche Nutzungsintensivierungen führen zu Konflikten.»

Konkrete Beispiele: Der zusätzliche Lärm könnte für die Nachbarn störend sein. Der zusätzliche Wasserverbrauch könnte der Natur schaden. Für Kappeler ist deshalb klar, dass Klagen gute Chancen hätten. Das Tessin sollte aus seiner Sicht seine Auslegung nochmals hinterfragen, mahnt der Rechtsexperte.