Virologin verteidigt Zuverlässigkeit der Corona-Schnelltests
Endlich sind sie da: die Corona-Schnelltests. Für den Ärzteverband zu früh. Er zweifelt die Genauigkeit der Tests an. Virologin Eckerle hält jedoch dagegen.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Montag sind die Corona-Schnelltests schweizweit erhältlich.
- Der Ärzteverband rät aber wegen mangelhafter Genauigkeit von den Tests ab.
- Virologin Eckerle entgegnet und versichert «hohe Spezifität».
Über Wochen blieben die Fallzahlen stabil. Nun aber schnellen sie in die Höhe. Am Dienstag meldete das BAG 6126 Neuinfektionen, am Mittwoch waren es 10'073. Damit liegen die Zahlen deutlich höher als im Frühling.
Der Bundesrat ist besorgt – auch, weil die Corona-Tests allmählich knapp werden. In seiner Krisensitzung vom letzten Mittwoch verabschiedete er deshalb den Einsatz der Schnelltests.
Bedeutet: Seit Montag stehen nebst den 30'000 bisherigen Tests täglich 50'000 zusätzliche Schnelltests zur Verfügung. Getestete müssen damit nicht mehr einen Tag, sondern nur noch 15 Minuten auf ihr Resultat warten.
Ärzteverband warnt vor Corona-Schnelltests
Jürg Schlup, scheidender Präsident der Ärztegesellschaft FMH, kritisiert den vorschnellen Einsatz der Corona-Schnelltests. Seine Begründung: Die Datenlage für den Test sei ungenügend.
«Es kann zu einer relevanten Anzahl falsch negativer Testresultate kommen», schreibt der 65-Jährige in einem Brief, der CH-Media vorliegt. Dadurch könnten sich viele Getestete in falscher Sicherheit wiegen und weitere Personen anstecken.
Damit nicht genug. Schlup sorgt sich auch um die Arbeitssicherheit in den Arztpraxen. Die dortigen Labors müssten mit ausreichendem Schutzmaterial ausgestattet sein. Dafür fehle ihnen aber die ausreichende Routine. «Daher scheint es uns sinnvoller, die Covid-19-Antigen-Schnelltests nur in den kantonalen Testzentren zu verwenden», so Schlup.
Virologin Eckerle versichert Zuverlässigkeit der Schnelltests
Vorwürfe, die Virologin Isabella Eckerle nicht nachvollziehen kann. Sie hatte mit ihrem Team an der Uni Genf die Schnelltests geprüft. «Es gibt bereits einige unabhängige Prüfungen dieser Tests, die eine gute Zuverlässigkeit von einigen dieser Antigen-Schnelltests zeigen», sagt Eckerle zu Nau.ch.
Die WHO etwa schreibe eine Sensitivität von 80 Prozent und mindestens 97 Spezifität vor. Die Validierung hierzulande liege da mit 85 bis 89 Prozent Sensitivität und 99 bis 100 Prozent Spezifität weitaus höher, erklärt Eckerle.
Die Virologin gesteht aber auch ein, dass die bisherigen PCR-Tests etwas sensitiver sind als Schnelltests. Heisst: Sie können auch Patienten ermitteln, die eine niedrige Virenlast haben – also nicht mehr ansteckend sind.
Das sei mit den Schnelltests leider nicht möglich. Hier müssen die Patienten hochinfektiös sein, um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Ist das aber der Fall, so sei es ein «Vorteil, infizierte Personen praktisch sofort zu identifizieren und zu isolieren, ohne weitere Zeit zu verlieren».
Schnelltests helfen bei Test-Mangel
Ausserdem befinde sich die Schweiz in einer Situation, so Eckerle, in der Testzentren und Labore am Anschlag seien. «Teilweise warten Patienten schon Tage auf einen Termin, um einen Abstrich machen zu können, und dann nochmals teilweise Tage auf das Ergebnis», so die Virologin. Diese Situation könne nun mithilfe der Schnelltests verbessert werden – «auch wenn diese nicht perfekt sind».
Dieser Ansicht schliesst sich auch Hersteller Roche an. Zwar sei der bisherige PCR-Test der «Goldstandard», weil er sehr genau sei, so der Basler Pharmakonzern. Doch wegen der mangelnden Kapazitäten seien die Schnelltests aktuell unerlässlich.