Wahlen 2023: Deshalb gehen in der Schweiz so viele nicht wählen
Bei den Wahlen 2023 für den National- und Ständerat haben schweizweit 46,6 Prozent der Stimmberechtigten gewählt. Ein Experte erklärt, wieso es nicht mehr sind.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizweit liegt die Wahlbeteiligung bei unter 47 Prozent.
- Laut einem Politologen gibt es mehrere Gründe, wieso so viele nicht wählen.
- Einer davon: Viele Stimmberechtigte seien mit der aktuellen Situation zufrieden.
Der grosse Sieger der Wahlen 2023 ist die SVP. Die Sünneli-Partei konnte gut zwei Drittel ihrer 2019 verlorenen Nationalratsmandate zurückerobern. Auf der anderen Seite verlieren die Grünen fast ein Fünftel ihrer Delegation, die Grünliberalen über ein Drittel.
Interessant ist bei den Wahlen 2023 auch einmal mehr die Wahlbeteiligung: Im Schnitt haben nur 46,6 Prozent der Wahlberechtigten in der Schweiz den National- und Ständerat gewählt. Das sind etwas mehr als 2019 (45,1 Prozent).
Warum geht hierzulande nicht einmal die Hälfte der stimmberechtigten Bevölkerung wählen?
Wahlen 2023: Viele Nichtwählende mit der Situation zufrieden
Dazu gibt es laut Marc Bühlmann von der Politikplattform Année Politique Suisse der Universität Bern unterschiedliche Thesen. «Eine davon ist, dass diese Menschen zufrieden sind und deshalb keinen Grund sehen, wählen zu gehen», sagt er zu Nau.ch.
Eine andere ist genau das Gegenteil: dass die Menschen unzufrieden seien. Sie würden nicht wählen gehen, «weil sie glauben, dass Politiker sowieso machen, was sie wollen».
Bühlmann hält aber fest: «Die mit Abstand grösste Gruppe der Nichtwählenden sind jene Menschen, die mit der aktuellen Situation zufrieden sind.» Grundsätzlich gelte: «Die Partizipation ist dann höher, wenn etwas auf dem Spiel steht.»
«Wenn es die Menschen direkt betrifft, gehen sie wählen und abstimmen»
Dann gebe es noch weitere Gruppen. Zum Beispiel jene, die sagen, dass sich durch die Wahlen sowieso nichts ändert. «Diese Leute nehmen teilweise ihr Partizipationsrecht aber sehr wohl wahr, indem sie an Abstimmungen teilnehmen.»
Untersuchungen im Kanton Genf oder in der Stadt St.Gallen hätten gezeigt, dass vier von fünf Personen im Laufe von drei bis fünf Jahren mindestens einmal abstimmen würden. «Wenn sich die Menschen direkt und stark betroffen fühlen, gehen sie wählen und abstimmen.»
Zudem gebe es noch jene Stimmberechtigten, die sich einfach nicht für Politik interessieren. Ob das gut oder schlecht ist, sei Ansichtssache.
Als letzte Gruppe nennt Bühlmann jene, die überfordert seien mit dem Material und den Informationen zu den Wahlen. Dies sei eher problematisch: «Ihnen müsste man noch mehr Hilfeleistungen anbieten, damit sie wählen und abstimmen können», sagt der Politologe.
Einige Kantone hatten bei Wahlen 2023 hohe Beteiligungen
Es sei aber auch wichtig zu sagen, dass die Wahlbeteiligung in den Kantonen ganz unterschiedlich sei. «In Appenzell-Innerrhoden etwa lag sie bei rund einem Viertel. Das hat dort mit den stillen Wahlen zu tun.» Damit ist gemeint, dass der einzige amtierende Kandidat des Kantons, Thomas Rechsteiner (Mitte), keinen Gegenkandidaten hatte.
Umfrage
Haben Sie gewählt?
In anderen Kantonen liege die Beteiligung deutlich über dem Schweizer Schnitt, so etwa im Kanton Schaffhausen (61,6 Prozent). Das lässt sich mit der dort geltenden Stimmpflicht erklären.