Wichtige Punkte aus dem Efta-Freihandelsabkommen mit Indien

Die Europäische Freihandelsassoziation und Indien haben ein Freihandelsabkommen unterzeichnet, das vom Schweizer Parlament genehmigt werden muss.

Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Freihandelsassoziation und Indien muss noch vom Schweizer Parlament genehmigt werden. (Symbolbild) - sda - Keystone

Die Europäische Freihandelsassoziation, deren Mitglied die Schweiz ist, und Indien haben in 16 Jahren ein Freihandelsabkommen ausgehandelt. Im März haben es Vertreter der beteiligten Staaten unterzeichnet, und jetzt kann das Schweizer Parlament darüber entscheiden. Nachfolgend wichtige Punkte aus dem Abkommen.

WIE SCHÄTZT DER BUNDESRAT INDIENS POTENZIAL EIN?

Indien ist das Land mit der grössten Bevölkerung weltweit. Besonders die Mittelschicht, die sich immer mehr leisten kann, trägt zum Wachstum bei. Das Abkommen bringt für einen Grossteil der heutigen Schweizer Ausfuhren nach Indien Zollerleichterungen. Teilweise gibt es Übergangsfristen. Das Abkommen soll Schweizer Exporte nach Indien wettbewerbsfähiger machen. Die Schweiz verspricht sich vom Abkommen die Beseitigung der Diskriminierung gegenüber anderen Staaten, die bereits über Freihandelsabkommen mit Indien verfügen. Das sind zum Beispiel Australien, Japan und Südkorea. Gegenüber Volkswirtschaften ohne Freihandelsabkommen mit Indien – der Bundesrat nennt hier die EU und Grossbritannien – seien Schweizer Unternehmen nun im Vorteil.

WELCHE ZÖLLE WERDEN FALLEN?

Die Efta-Staaten beseitigen die Zölle auf Industrieprodukte, Fisch und andere Meeresprodukte vollständig. Indien wiederum wird die Zölle für den Grossteil der Importe von Schweizer Industrieprodukten (94,7 Prozent des Warenwertes, ohne Gold) sofort oder mit Übergangsfristen aufheben. Dadurch erhalten wichtige Schweizer Exportprodukte zollfreien Zugang zum indischen Markt. Es sind zum Beispiel pharmazeutische und chemische Produkte, Maschinen, gewisse Präzisionsinstrumente und Uhren. Teilweise gibt es Übergangsfristen von bis zu zehn Jahren.

WARUM FALLEN NICHT ALLE ZÖLLE?

Für sogenannt sensible Produkte kann es für eine Partei aus wirtschaftlichen und oder auch politischen Gründen schwierig sein, Konzessionen zu gewähren. Für gewisse Präzisionsinstrumente und bestimmte chemische Produkte sieht Indien eine Zoll-Teilreduktion vor. Mehrheitlich ist es eine Zollreduktion von 50 Prozent mit bis zu zehn Jahren Übergangsfrist. Zolleinnahmen auf Gold sind für Indien fiskalisch sehr bedeutend; deshalb gewährt das Land bei Gold nur eine symbolische Konzession. Sehr sensible Produkte wie bestimmte Edelmetalle und gewisse elektrische Maschinen sind von der indischen Zollkonzessionsliste ausgenommen.

WAS ERWARTET FINANZDIENSTLEISTER?

Der Finanzbereich ist eine Schweizer Priorität. Finanzdienstleister aus der Schweiz werden von klaren Fristen zur Bewilligung von Lizenzen profitieren. Auch verbessert das Abkommen die Transparenz bei der Behandlung von Bewilligungsgesuchen. Der Anteil an ausländischem Kapital wird bis 49 Prozent im Versicherungsbereich ermöglicht. Im Bankensektor wird er von 51 Prozent auf 74 Prozent erhöht.

KANN SCHWEIZER PERSONAL IN INDIEN ARBEITEN?

Ja, aber Unternehmen können Angestellte nur während einer beschränkten Zeit nach Indien schicken. Indien hat sich verpflichtet, Installations- und Wartungspersonal von Maschinen für Aufenthalte von bis zu drei Monaten pro Jahr zuzulassen.

FALLEN INDISCHE ZÖLLE FÜR SCHWEIZER AGRARPRODUKTE?

Zum Beispiel für Schweizer Schokolade, Kaffeekapseln und verschiedene Nahrungsmittelzubereitungen fallen in Indien die Zölle nach Übergangsfristen teilweise oder ganz. Für verschiedene Früchte und Gemüse und bestimmte Basisagrarprodukte pflanzlichen und tierischen Ursprungs streicht Indien nach Übergangsperioden von bis zu zehn Jahren den Zoll. Für Wein bietet es der Schweiz über zehn Jahre gestaffelte Zollreduktionen an. Käse hingegen muss weiterhin verzollt werden – aufgrund der grossen Sensitivität, wie der Bundesrat schreibt. Dasselbe ist für Trockenfleisch und für Zigaretten der Fall.

WIRD DIE SCHWEIZER LANDWIRTSCHAFT GESCHÜTZT?

Die Zoll-Ermässigungen der Schweiz im Agrarbereich zugunsten von Indien sind vergleichbar mit jenen, die die Schweiz in anderen Abkommen gewährt. Der Grenzschutz für Fleisch, Milchprodukte, Getreide, Ölsaaten, Früchte und Gemüse innerhalb der Anbauperiode, Wein und Zucker bleibe bestehen, schreibt der Bundesrat. Einen zollfreien Marktzugang gewährt die Schweiz Indien für nicht sensitive Produkte wie Pilze und für bestimmte Fruchtsäfte. Für bestimmte Zuckerwaren, die gegenüber der EU zollbefreit sind, will die Schweiz auch für Indien den Markt öffnen. Für Kaffee, Kakao, Mineralwasser, Bier oder bestimmte Spirituosen – sie enthalten laut Bundesrat keine für die Landwirtschaft sensiblen Rohstoffe – gewährt die Schweiz Indien ebenso wie der EU und anderen Freihandelspartnern zollfreien Zugang zum Markt.

IST GEISTIGES EIGENTUM GESCHÜTZT?

Ja. Das Freihandelsabkommen schützt geistiges Eigentum umfassend. Es garantiert, dass patentgeschützte Produkte aus der Schweiz in Indien nicht diskriminiert werden gegenüber lokal produzierten Waren. Beim Testdatenschutz für Arznei- und Pflanzenschutzmittel sieht das Abkommen ein Schutzniveau gemäss Trips-Abkommen (WTO-Abkommen über die handelsbezogenen Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum) vor. Der Zugang zu Medikamenten in Indien wird nicht eingeschränkt. Substanziell besser wird der Schutz der Swissness, wichtig für Branchen wie die Uhrenindustrie, Nahrungsmittel oder Kosmetika.

INVESTIEREN DIE EFTA-LÄNDER MEHR IN INDIEN?

Ja, der Weg dazu sind Promotionsaktivitäten. Deren Ziel ist es, mehr Investitionen aus den Efta-Ländern in Indien auszulösen und damit Jobs zu schaffen. Indien seinerseits will ein günstiges Klima schaffen für Investitionen. Als Ziele werden 100 Milliarden US-Dollar an Investitionen sowie 1 Million Arbeitsplätze über die ersten 15 Jahre ab Inkrafttreten des Abkommens gesteckt. Zeigt sich in diesen 15 Jahren, dass die definierte Zielgrösse aufgrund äusserer Umstände oder sich ändernder Annahmen nicht erreicht werden kann, wird die Zielgrösse nach unten korrigiert.

WIE STEHT ES UM NACHHALTIGKEIT UND KLIMASCHUTZ?

Die Europäische Freihandelsassoziation (Efta) ist der erste Partner, mit dem Indien ein umfassendes und rechtsverbindliches Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung vereinbart hat. Der entsprechende Passus im Abkommen verpflichtet dazu, nicht von geltenden Umwelt- und Arbeitsnormen abzuweichen. Zum Thema Klimawandel gibt es einen separaten Artikel, in dem sich die Parteien verpflichten, die Uno-Klimakonvention sowie das Übereinkommen von Paris umzusetzen. Ausserdem wird ein besonderer Unterausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung die Umsetzung der eingegangenen Verpflichtungen überwachen.

WAS KOSTET DAS ABKOMMEN DEN BUND?

Laut dem Bundesrat halten sich die Kosten für die Schweiz durch das Abkommen in Grenzen. 2023 wurden auf Einfuhren aus Indien Zölle von 24,6 Millionen Franken bezahlt, wobei 22,2 Millionen Franken auf Industrieprodukte und 2,4 Millionen auf Landwirtschaftsprodukte entfielen. Die Zölle auf allen Industrieprodukten hat die Schweiz per Anfang 2024 aufgehoben. Umgekehrt habe das Abkommen positive Auswirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft. Dass die Promotion von Investitionen, zu der sich die Schweiz verpflichtet hat, zu Mehrkosten führt, schliesst der Bundesrat nicht aus. Grundsätzlich würden bereits existierende Aktivitäten anvisiert.

KANN SICH DAS STIMMVOLK ÄUSSERN?

Ja, falls genügend Unterschriften gegen das Abkommen gesammelt werden. Der Beschluss des Parlaments, das Handels- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Tepa Efta-Indien) zu genehmigen, untersteht dem fakultativen Referendum. Grund dafür ist, dass es wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthält, etwa Zollkonzessionen und Gleichbehandlungsgebote.

WANN TRITT DAS ABKOMMEN IN KRAFT?

Über das Trade and Economic Partnership Agreement (Tepa Efta-Indien) entscheiden dürften die Räte im Winter 2024 und im Frühjahr 2025, wie der Bundesrat schreibt. Wirtschaftsminister Guy Parmelin geht davon aus, dass es ab Herbst 2025 in Kraft treten kann. Dieser Termin kann sich nach hinten verschieben, wenn es in der Schweiz ein Referendum gibt oder wenn eine der Parteien es bis dahin noch nicht ratifiziert hat.