Wildtier-Unfälle werden in der Schweiz kaum strafrechtlich verfolgt

In der Schweiz werden Wildtier-Unfälle kaum strafrechtlich verfolgt. Wer mit einem Fahrzeug ein Tier überfährt, kommt meist mit einer milden Strafe davon.

Ein totes Reh am Strassenrand. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Überfahren eines wilden Tieres wird in der Schweiz bestraft.
  • Meist fallen die Konsequenzen jedoch mild aus.
  • Autofahrer sind verpflichtet, Wildtier-Unfälle der Polizei zu melden.

Wildtierunfälle gelten in der Schweiz immer noch als Kavaliersdelikte: Wer mit dem Auto ein Reh oder einen Fuchs überfährt und das verletzte Tier nicht meldet, kommt sehr häufig mit einer milden Strafe oder gar straffrei davon. Dies zeigt eine Auswertung der Stiftung Tier im Recht vom Mittwoch.

Im vergangenen Jahr starben auf Schweizer Strassen über 8000 Rehe, 6000 Füchse und 3000 Dachse, ein grosser Teil davon im Herbst und im Winter, wenn es länger dunkel ist.

Autofahrerinnen und Autofahrer, die ein Tier anfahren, sind eigentlich verpflichtet, dies sofort der Polizei oder dem Wildhüter zu melden.

«Meldungen werden oft nicht gemacht»

«Wir gehen davon aus, dass diese Meldungen aber sehr oft nicht gemacht werden», sagte Christine Künzli von der Stiftung Tier im Recht vor den Medien. Dadurch werde das Leiden der verletzten Wildtiere unnötig verlängert, weil diese nicht mit einem gezielten Schuss erlöst werden könnten.

Wer auf den Anruf bei Polizei oder Wildhüter verzichtet und lieber weiterfährt, macht sich aber strafbar. Die Nicht-Information verstösst gegen das Strassenverkehrsgesetz und gegen das Tierschutzstrafrecht. Häufig melden sich Lenkerinnen und Lenker am nächsten Tag dann doch noch bei der Polizei, oder sie werden identifiziert, weil ihr Auto beschädigt ist.

Strafrechtlich haben diese Lenkerinnen und Lenker allerdings wenig zu befürchten: Im vergangenen Jahr gab es in der Schweiz nur 47 Strafentscheide wegen nicht gemeldeter Wildtierunfälle, wie eine Auswertung der Stiftung zeigt.

Die Zahl der Wildtierunfälle nimmt zu. - Keystone

Die Auswertung zeige zudem, dass die Fälle von den Strafverfolgungsbehörden oft nicht korrekt beurteilt würden, so die Stiftung. Viele Lenkerinnen und Lenker würden mit zu milden Strafen oder gar straffrei davon kommen.

Grund dafür ist, dass viele Behörden den verpassten Anruf bei Polizei oder Wildhüter als «fahrlässig begangenes Delikt» einstufen. «Aber die Lenker bemerken doch, wenn sie mit einem Reh kollidieren», sagte Künzli weiter.

Weshalb dann Fahrlässigkeit angenommen werde, sei nicht nachvollziehbar. «Dies führt zu einer Bagatellisierung von Wildtier-Unfällen.» Die Stiftung ruft die Staatsanwaltschaften und Gerichte deshalb dazu auf, diese Fälle anders einzustufen und somit schärfer zu ahnden.