Darum geht es mit unseren Löhnen nicht richtig aufwärts
Die Löhne in der Schweiz kommen kaum vom Fleck. Gewerkschaften und Arbeitgeber sehen dabei ganz unterschiedliche Probleme.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Lohn eines Arbeitnehmers in der Schweiz ist 2018 im Schnitt um 1,2 Prozent gewachsen.
- Gewerkschaften sehen das Problem bei mehr individuellen Lohnerhöhungen.
- Die Löhne haben seit 2008 allerdings mehr zugenommen als die Unternehmensgewinne.
Über Lohn sprechen Schweizer nicht gerne. Anhaltspunkte darüber gibt aber das Lohnbuch Schweiz, welches diese Tage erscheint. Herausgeberin ist das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich.
Das Buch zeigt: Gerade bei Geringverdienern bewegt sich nichts. Taxifahrer (3150 Franken brutto), Dentalassistentin (3700 Franken) oder Coiffeur (3800 Franken) und Metzger (4050 Franken) haben 2018 keine Lohnerhöhung erhalten. Bei den Zahlen handelt es sich um Mindestlöhne.
Die Entwicklung der Tieflohnbranchen ist unterdurchschnittlich. Schweizweit zogen die Löhne letztes Jahr um 1,2 Prozent an. Allerdings hat die Wirtschaft deutlich stärker zugelegt. Laut letzten Zahlen ist das Schweizer Bruttoinlandprodukt um 2,5 Prozent gewachsen – so viel wie zuletzt 2014.
Warum ziehen also die Löhne, gerade im Niedriglohnbereich, nicht richtig an? «Das grösste Problem entsteht durch die sehr starke Zunahme der individuellen anstelle von generellen Lohnerhöhungen», sagt Gabriel Fischer. Er ist Leiter Wirtschaftspolitik beim Arbeitnehmer-Dachverband Travail Suisse.
Produktivität stagniert, Löhne steigen
Dadurch würde die Verteilung von Lohnerhöhungen intransparenter und willkürlicher. «Typisch, dass dabei diskriminierte Gruppen in der Arbeitswelt tendenziell weniger in den Genuss von Lohnerhöhungen kommen», so Fischer. «In Zeiten von anziehender Teuerung - wie gerade im letzten Jahr- drohen diesen Personen dann effektive Reallohnverluste.»
Beim Arbeitgeberverband sieht man es anders. «Wissenschaftliche Studien belegen, dass die langfristige Entwicklung der Einkommensverteilung in unserem Land stabil ist», erklärt Sprecher Fredy Greuter. Er stellt zudem fest, «dass die Unternehmensgewinne in den letzten Jahren deutlich weniger zugelegt haben als die Entlohnung».
Für die Lohnsteigerung sei die Produktivität ausschlaggebend. «Allerdings ist die Schweiz im internationalen Vergleich bei der Produktivität nur noch Mittelmass», so Greuter.
Und trotzdem: «Während die Arbeitsproduktivität seit 2008 in der Schweiz seitwärts verläuft, sind die Lohnkosten kräftig gestiegen». Dadurch habe sich die Schere zwischen der Lohnentwicklung und der Produktivität «bedenklich geöffnet».