Drei VW-Werke auf Kippe – Betriebsrat warnt vor Eskalation

Volkswagen und Mitarbeitervertretungen ringen seit Wochen um Werkschliessungen und Entlassungen. Nun liegen konkrete Pläne vor, die Entsetzen auslösen.

Volkswagen und Mitarbeitervertretungen streiten über Werkschliessungen und Entlassungen. (Symbolbild) - Sina Schuldt/dpa

Seit Wochen ringen Volkswagen und die Mitarbeiter-Vertreter um mögliche Werkschliessungen und Entlassungen. Jetzt liegen laut dem Betriebsrat konkrete Pläne auf dem Tisch. Die Mitarbeiter reagieren entsetzt.

Volkswagen bringt mit seinen Sparplänen die eigenen Mitarbeiter immer mehr gegen sich auf. «Der Vorstand will in Deutschland mindestens drei VW-Werke dichtmachen.» Dies sagte Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo bei einer Informationsveranstaltung für die Belegschaft in Wolfsburg.

Personalabbau und Lohnkürzungen

Zudem seien ein massiver Personalabbau und Lohnkürzungen geplant. «Mit diesen Vorhaben des Vorstandes stehen bei Volkswagen in Deutschland Zehntausende Arbeitsplätze auf dem Spiel», sagte Cavallo. Über diese Pläne habe der Konzern kürzlich die Arbeitnehmerseite informiert.

Europas grösster Autobauer wollte die Massnahmen auf Anfrage nicht bestätigen. Man halte sich an den Grundsatz, darüber zunächst intern mit der Arbeitnehmerseite zu sprechen. Zugleich bekräftigte der Konzern aber die jüngst verschärften Sparpläne für die schwächende Kernmarke VW.

«Die Lage ist ernst und die Verantwortung der Verhandlungspartner ist enorm», sagte Personalvorstand Gunnar Kilian laut Mitteilung. «Ohne umfassende Massnahmen zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit werden wir uns wesentliche Zukunftsinvestitionen nicht leisten können.»

Widerstand angekündigt

Die Bundesregierung forderte den VW-Konzern auf, Jobs zu erhalten. Man müsse noch abwarten, was Volkswagen selbst dazu erklärt, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Die Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz dazu sei aber klar.

«Nämlich, dass mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit nicht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen dürfen.» Es gehe darum, Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern.

Betriebsrat und Gewerkschaft kündigten Widerstand gegen die Pläne an. «Ich kann nur alle Vorstände und alle an der Unternehmensspitze warnen: Legt Euch nicht mit uns, mit der VW-Belegschaft an», sagte Cavallo unter dem Beifall der Mitarbeiter. «Ihr steht ganz kurz vor der Eskalation!»

Abteilungen vor Schliessung oder Auslagerung ins Ausland

Ab Dezember wären bei VW auch Warnstreiks möglich. VW-Sachsen-Betriebsratschef Uwe Kunstmann kündigt in Zwickau bereits einen «heisser Winter» an. Wenn sich an der VW-Linie nichts ändere, würden die Beschäftigten spätestens am 1. Dezember bundesweit vor die Werkstore ziehen und den Konzern lahmlegen, sagte er.

Laut Cavallo plant VW neben den Werkschliessungen auch einen Kapazitätsabbau an allen verbleibenden Standorten. Früheren Konzernangaben zufolge fehlen VW rund 500'000 Fahrzeuge pro Jahr, um alle Standorte auszulasten. Zudem plane der Vorstand betriebsbedingte Kündigungen, so Cavallo weiter. Ganze Abteilungen sollten geschlossen oder ins Ausland verlagert werden.

120'000 Mitarbeiter in Deutschland

Für die verbleibenden Mitarbeiter wolle VW den Haustarif pauschal um zehn Prozent kürzen und fordere 2025 und 2026 jeweils Nullrunden. Am Mittwoch kommen Konzern und die Gewerkschaft IG Metall zu ihrer zweiten Verhandlungsrunde über den VW-Haustarif zusammen.

VW beschäftigt in Deutschland rund 120'000 Mitarbeiter, davon rund die Hälfte in Wolfsburg. Insgesamt betreibt die Marke VW in Deutschland zehn Werke. VW hatte im September die seit mehr als 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt.

Ab Mitte 2025 wären betriebsbedingte Kündigungen möglich. Auch Werkschliessungen hatte VW in den Raum gestellt, bisher aber keine Zahl oder Standorte genannt. Als gefährdet gilt etwa das Werk in Osnabrück, das kürzlich einen erhofften Folgeauftrag von Porsche verloren hat.