Facebooks Algorithmus versagt bei trauernder Mutter

Eine Facebook-Nutzerin hat ihr Baby verloren. Das soziale Netzwerk zeigt ihr weiter Werbung für Baby-Produkte an. Ein Totalversagen künstlicher Intelligenz.

Facebook muss elf Millionen Franken an Italien zahlen. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Facebook hat schnell gemerkt, als Gilian Brockell schwanger war.
  • Dass sie ihr Kind verloren hat, schnallte das Netzwerk hingegen nicht.

Den ganzen Tag, die ganze Nacht sammelt Facebook Daten. Das soziale Netzwerk weiss alles, heisst es oft. Doch stimmt das? Die traurige Geschichte von Gilian Brockell beweist das Gegenteil.

Die Journalistin aus Washington hat früh ihre Freude über die Schwangerschaft mit der Facebook-Gemeinde geteilt. #30weekspregnant und #babybump schrieb sie. Und sucht Schwangerschaftskleidung, legte bei Amazon eine «Baby-Wunschliste» an.

Facebook sammelt auch Daten von Webseiten, die Nutzer besuchen. Schnell merkte das soziale Netzwerk darum: Brockell ist schwanger. Entsprechend häufig wurde ihr Werbung für allerlei Produkte für Schwangere angezeigt.

Brockells Sohn erblickte das Licht der Welt nie. Er wurde tot geboren. Sie und ihr Mann trauern. Auch auf Facebook: Ihr Herz sei gebrochen, schreibt sie. Doch Facebook schnallt das nicht.

Nach «Totgeburt» gesucht

Dabei hätte es das Netzwerk merken müssen. Damals, als Brockell «Baby bewegt sich nicht mehr» und «Totgeburt» gegoogelt hat. Spätestens als sich die Journalistin, die sonst die Netzwerke häufig nutzt, für drei Tage weder auf Facebook noch Instagram eingeloggt hat, hätten die Algorithmen verdacht schöpfen müssen.

Doch das passierte nicht. Facebook zeigte weiterhin Werbung für Baby-Kleider, Krippen und Spielsachen an. Die Künstliche Intelligenz ging fest davon aus, dass Brockell ein gesundes Kind gebären wird.

Die Journalistin hat ihre Geschichte in einem offenen Brief an die Techfirmen geteilt. Und bereits zwei Tage später über 63'000 Likes erhalten. Bleibt zu hoffen, dass die Algorithmen die Brisanz dieser Nachricht erkennen. Denn wie Brockell schreibt: «Wenn ihr schlau genug seid, um zu merken, dass ich schwanger bin, dann seid ihr auch schlau genug, um zu merken, dass mein Baby gestorben ist.»