Fall Pierin Vincenz: Muss Patrik Gisel um seinen Job zittern?
Raiffeisen-Chef Patrik Gisel soll von den Deals von Ex-Chef Pierin Vincenz gewusst haben. Jetzt werden Rücktrittsforderungen lauter.
Das Wichtigste in Kürze
- Neue Berichte zeigen: Patrik Gisel hat schon 2009 von Pierin Vincenz' Doppeldeals gewusst.
- Die Rücktrittforderung wird jetzt immer lauter.
Am Freitag gab sich Raiffeisen-Chef Patrik Gisel kämpferisch: Der Fall Pierin Vincenz habe ihn erschüttert, betonte er. Aber: «Ich werde nicht zurücktreten.» Das Problem: Offenbar wusste Gisel bereits lange von Vincenz' Doppeldeals. Laut der «SonntagsZeitung» gab es erste Alarmsignale bereits 2009.
Damals hat Aduno, an der die Raiffeisen beteiligt ist, Comtrain übernommen. Laut dem Bericht hatten Vincenz und Partner für 1,5 Millionen Franken die Aktienmehrheit an
Comtrain
gekauft. Und damit am Verkauf mitverdient. Darauf erstellte ein Aktienrechtler für die Raiffeisen ein Gutachten.
Fazit: Vincenz hat zwar nicht das Gesetz gebrochen, sei aber auf beiden Seiten des Verhandlungstisches gesessen. Die Raiffeisen bestätigt, dass Gisel vom Gutachten wusste. 2016 gab es zudem eine interne Untersuchung im Fall Vincenz. Die wurde von Gisel eingestellt.
«Nicht mehr tragbar»
Was bedeuten diese Enthüllungen für Gisel? Für den Finanzblog «Inside Paradeplatz» ist klar: Der Raiffeisen-Chef ist nicht mehr tragbar. Denn: «Für den Job des operativen Leiters der drittgrössten Bank der Schweiz, die obendrauf noch systemrelevant ist, geht das nicht.»
Bereits vor den Enthüllungen gestern Sonntag sagte Bankenprofessor Hans Geiger dem «Blick»: «Gisel wird nicht kündigen, aber vielleicht kündet der Verwaltungsrat ihm.» Geiger sieht bei Gsel zwar keinen Strafrechtsfall: «Aber Gisel war einfach zu lange mit Vincenz verbandelt.»
Zurückhaltender ist Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Uni Bern. «
Es ist noch
zu wenig klar, was genau Gisel gewusst hat – oder eben nicht. Insofern denke ich,
dass ihm derzeit noch kein Fehlverhalten vorgeworfen werden kann», sagt er zu «20 Minuten».
Kritik richtet sich vor allem an dem Verwaltungsrat der Raiffeisen: Gegenüber der «NZZ am Sonntag» sprach er von einem «Gremium wohlmeinender Amateure.»
Noch ermittelt der Staatsanwaltschaft. Für Vincenz gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.